Full text: Handbuch des geltenden Öffentlichen und Bürgerlichen Rechts.

244 Versammlungs= und Vereinsrecht. 
verordnungen über das Halten von Laienreden sind nach §§ 1, 9 G. nicht 
mehr anwendbar, Johow. 37 C. 58 (abw. Pr VBl. 31, 163). 
Jede öffentliche politische Versammlung muß einen Leiter haben; 
der Veranstalter kann die Leitung selbst übernehmen oder die Wahl des Leiters 
veranlassen. Der Leiter und bis zu seiner Bestellung der Veranstalter 
haben für Ruhe und Ordnung zu sorgen und sind berechtigt, die Ver- 
sammlung für aufgelöst zu erklären (§ 10). Auf sämtliche öffentliche, auch 
nicht politische, Versammlungen beziehen sich die Bestimmungen der 88§ 11 
bis 16: In einer solchen Versammlung oder in einem öffentlichen Aufzug 
darf niemand bewaffnet erscheinen, falls er nicht durch öffentlichen Beruf 
oder durch behördliche Ermächtigung (die z. B. allgemein bei genehmigten 
Aufzügen von Schützengilden, Umzügen von Studenten usw. vorliegt, M. 
13. 5. 08 zu 12) dazu berechtigt ist. Die Verhandlungen sind in deutscher 
Sprache zu führen; ausgenommen sind internationale Kongresse; desgl. 
Wahlversammlungen für die gesetzgebenden Versammlungen des Reichs 
und der Bundesstaaten innerhalb der Frist des § 4. Weitere Ausnahmen 
regelt die Landesgesetzgebung; für Preußen MV. 8. 5. 08 IH. Abs. 2, 
MBl. 127; ferner ist in Landesteilen, in denen zur Zeit des Inkraft- 
tretens des G. alteingesessene Bevölkerungsteile nichtdeutscher Muttersprache 
vorhanden sind, sofern diese Bevölkerungsteile nach dem Ergebnisse der 
jeweilig letzten Volkszählung 60% der Gesamtbevölkerung übersteigen, 
während der ersten 20 Jahre nach dem Inkrafttreten des G. (15. 5. 08, 
§ 25) der Mitgebrauch der nichtdeutschen Sprache gestattet, wenn der 
Veranstalter der öffentlichen Versammlung mindestens 72 Stunden vor 
ihrem Beginn der Polizeibehörde entsprechende Anzeige erstattet hat, wor- 
über sofort kostenfrei eine Bescheinigung zu erteilen ist (§ 12 Abs. 3). 
„Landesteile“ sind die Bezirke der unteren Verwaltungsbehörden (für 
Preußen Verzeichnis nach dem Stande von 1900 Anl. z. M. 8. ö. 08 
Ml. 09 S. 11). Beauftragte der Polizeibehörde — mehr als zwei 
dürfen nicht entsendet werden — haben sich dem Leiter, bzw. dem Ver- 
anstalter zu erkennen zu geben; es ist ihnen ein angemessener Platz ein- 
zuräumen (§ 13); die Polizei hat somit in jeder Versammlung, welche 
unter das Gesetz fällt und öffentlich ist, ein Recht der Anwesenheit ohne 
Rücksicht auf den Gegenstand der Erörterung, auf etwaige Anzeige, Ge- 
nehmigungspflicht oder Abhaltung unter freiem Himmel; Sächs. O#. 
DJZ. 09, Sp. 1096). Die Beauftragten sind, wenn einer der 6 Gründe 
des § 14 G. vorliegt (1. Nichtvorlegung der Bescheinigung der Anzeige 
aus § 12 Abs. 3; 2. Mangel der Genehmigung aus § 7; 3. Ver- 
weigerung der Zulassung der Polizeibeauftragten; 4. Nichtentfernung 
unbefugt anwesender Bewaffneter; 5. Erörterung von Anträgen oder Vor- 
schlägen, die zu Verbrechen usw. auffordern oder anreizen; 6. Nicht- 
entziehung des Wortes gegenüber verbotswidrig nicht deutsch Sprechenden 
trotz Aufforderung der Polizeibeauftragten) befugt, die Versammlung unter 
Angabe des Grundes für aufgelöst zu erklären; unter den Gründen 
fehlt die Anwesenheit von Ausländern, OVG. 53, 265 u. 271. Die mit 
Tatsachen zu belegenden Gründe der Auflösung sind dem Leiter schriftlich 
mitzuteilen, falls er es binnen drei Tagen beantragt; die Anfechtung der 
Auflösung erfolgt wie die der Auflösung eines Vereins (s. oben; O. 
 
	        
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