Preußische Verfassung. 249
rechte (Ebenbürtigkeit, Hausgesetze, Befreiung vom Militärdienst, Standes-
gerichte in Strafsachen) für die früher reichsunmittelbaren Grafen und
Fürsten. Die in Titel IX ALR. II über Erwerb, Verlust und Nachweis
des Adels enthaltenen Vorschriften sind vom BGB. nicht berührt (s. auch
EBGB. Art. 58; ogl. KGer. JMl. 08, 255 u. RGer. JMl. 09 Nr. 48).
3. Die persönliche Freiheit ist gewährleistet (Art. 5; vgl.
G. zum Schutze der persönlichen Freiheit 12. 2. 50, zum Teil ersetzt
durch die §§ 112—132 Str PO.) (s. dazu Reichsseuchen G. 30. 6. 00,
RGBl. 306 §§ 12 und 14). — Die Wohnung ist unverletzlich (Art. 6).
— Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden (Art. 7). —
Strafen können nur in Gemäßheit des Gesetzes angedroht oder verhängt
werden (Art. 8). — Das Eigentum ist unverletzlich; es kann nur aus
Gründen des öffentlichen Wohles gegen vorgängige Entschädigung nach
Maßgabe des Gesetzes entzogen werden (Art. 9; vgl. Enteignungs G.
11. 6. 74, oben S. 77).
4. Freiheit des religiösen Bekenntnisses Art. 12; vol.
G. 3. 7. 69 (BGBl. 292) betr. die Gleichberechtigung der Konfessionen
in bürgerlicher und staatsbürgerlicher Beziehung, s. unten Abschn. XIV.
5. Freie Meinungsäußerung in Wort und Schrift; die Zensur
darf nicht eingeführt werden, jede andere Beschränkung der Preßfreiheit
nur im Wege der Gesetzgebung (Art. 27; s. RPreß G. 7. 5. 74, unten
Abschn. XII). Nach den Entsch. OVG. 24, 311 u. DJ3Z. 03, Sp. 372
kommt Art. 27 bei der durch die Polizeibehörden geübten sog. Theater-
zensur (diese gilt auch für kinematographische Vorführungen OVG. DJ.
1910 Sp. 263) nicht in Frage. Vergehen, welche durch Wort, Schrift,
Druck oder bildliche Darstellung begangen werden, sind nach den all-
gemeinen Strafgesetzen zu bestrafen (Art. 28).
6. Versammlungs= und Vereinsrecht (Art. 29 f.; s. oben).
7. Petitionsrecht; Petitionen unter einem Gesamtnamen sind
nur Behörden und Korporationen gestattet (Art. 32. Für Personen des
Soldatenstandes Art. 39).
Nach Art. 111 und dem G. über den Belagerungszustand 4. 6. 51
(GS. 451) können die Art. 5—7, 27—30 u. 36, wenn der Be-
lagerungszustand erklärt ist oder auch ohne diese Erklärung im Falle des
Krieges oder Aufruhrs bei dringender Gefahr für die öffentliche Sicher-
heit vom Staatsministerium für bestimmte Orte oder Bezirke außer Kraft
gesetzt werden (vgl. Art. 68 Merf.).
Der Ausführung durch Gesetze, welche die Verfassung in Aussicht
stellt, harren noch u. a.: Aufhebung des Kirchenpatronats (Art. 17); und
aus den folgenden Titeln der Verfassung steht namentlich ein Minister-
verantwortlichkeits G. (Art. 61), ein allg. Beamten G. (Art. 98, s. Abschn. IV),
und ein, die unten zu erwähnende Wahl V. v. 30. 5. 49 ersetzendes
Wahl G. (Art. 72 und 115) noch zu erwarten.
Die weiteren Verfassungstitel enthalten Vorschriften über die Re-
gierung und Verwaltung des Staates, die eigentliche Staatsver-
fassung:
A. Vom Könige. Die Person des Königs ist unverletzlich (Art. 43).
Die von ihm zu ernennenden Minister sind verantwortlich. Alle Re-