Preußische Verfassung. 251
wo direkte Gemeindesteuern nicht erhoben werden, nach Maßgabe der vom
Staat veranlagten Grund-, Gebäude- und Gerwerbesteuern derartig, daß auf
jede Abteilung ein Drittel der Gesamtsumme der Steuerbeträge aller Ur-
wähler fällt (8 10 VO. 30. 5. 49, § 4 G. 29. 6. 93, Regl. 20. 10. 06
§ 3, MBl. 07, 1).
Jede, nicht zur Staatseinkommensteuer veranlagte Person wird statt
dessen mit 3 M. zum Ansatz gebracht und wählt in der 3. Urwähler-
abteilung; verringert sich dadurch die auf die 1. und 2. Abteilung fallende
Gesamtsteuersumme, so wird die übrig bleibende Summe auf beide Ab-
teilungen geteilt (G. 29. 6. 93 §§ 1, 3). Die Wahlen erfolgen
durch öffentliche Stimmabgabe zu Protokoll. Über ihre Aus-
führung bestimmt jetzt das Reglement 14. 3. 03 (RAnz. Nr. 161), neu
gefaßt 20. 10. 06 und veröffl. 30. 11.06 (MBl. 07, 1), AusfE. 8. 4. 08
(Ml. 65). Aus dem Reglement sei folgendes hervorgehoben: Kein Ur-
wahlbezirk darf weniger als 750 und mehr als 1749 Seelen umfassen.
Die Militärpersonen sind mitzuzählen. Maßgebend ist die letzte allgemeine
Volkszählung. Die Urwählerliste ist in jeder Gemeinde 3 Tage öffentlich
auszulegen; über Einwendungen entscheidet in den Städten die Gemeinde-
verwaltungsbehörde, sonst der Landrat; sie stellen auch die Urwählerliste
auf. Nach Auslegung der Urwählerlisten werden die Abteilungslisten auf-
gestellt, und zwar in Gemeinden, die für sich einen Urwahlbezirk bilden,
und in Urwahlbezirken, die aus mehreren Gemeinden bestehen, nur eine.
Ist eine Gemeinde in mehrere Urwahlbezirke geteilt, so wird für jeden
Bezirk eine besondere Abteilungsliste gefertigt. Die Abteilungslisten werden
wieder öffentlich ausgelegt. (Formular zur Urwahl-Abt.-Liste s. Anl. A.
zu § 5 Abs. 2 des Regl., abg. ME. 23. 3. 08, dazu ME. 8. 4. 08,
Ml. 65 unter I.) Auch ihre Feststellung erfolgt von der Gemeinde-
verwaltungsbehörde bzw. dem Landrat. Nach Erledigung der etwaigen
Reklamationen werden die Urwähler zur Wahl der Wahlmänner zusammen-
berufen; weg. Zulässigkeit der Fristwahl anstatt der Terminswahl bei
den Wahlen der Urwähler und ihrer sowie der Gruppenwahl bei den
Wahlen der Wahlmänner s. Art. I §§ 3, 4, G. 28. 6. 06 (GS. 518).
Der Wahlvorsteher ernennt den Protokollführer und 3—6 Beisitzer. Die
Regierungspräsidenten 1) bestimmen die Wahlkommissare für die Abgeord-
netenwahl. —
Wählbar zum Abgeordneten ist jeder Preuße, der das 30. Lebens-
jahr vollendet hat, im Vollbesitze der bürgerlichen Ehrenrechte und, wenn
er Nichtdeutscher war, 1 Jahr Preuß. Staatsangehöriger ist (Art. 74,
§ 29 der Wahl V., Art. 3 Merf.). — Die Legislaturperiode
ist 5 jährig (Art. 73 und G. 27. 5. 88). — Die Einberufung des Land-
tages durch den König erfolgt zwischen dem 1. November und 15. Januar
(G. 18. 5. 57). Beschlußfähig ist das Abgeordnetenhaus bei Anwesenheit
der Mehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl; das Herrenhaus bedarf nur
60 Anwesender (Art. 80 u. G. 30. 5. 55 § 2). Die Abgeordneten
erhalten Reisekosten und Diäten (Art. 85 i. d. Fassg. G. 24. 7. 76);
sonst sind ihre Rechte denen der Reichstagsabgeordneten ähnlich (Art. 83 f.).
1) In Berlin der Oberpräsident.