252 Preußische Verfassung.
— Zu Verfassungsänderungen gehören 2 Abstimmungen mit Zwischen-
raum von 21 Tagen (Art. 107).
Über die Staatsfinanzen bestimmen Art. 99—104: Alle Einnahmen
und Ausgaben müssen für jedes Jahr im voraus veranschlagt und auf
den Staatshaushaltsetat gehracht werden. Dieser wird jährlich durch ein
G. festgestellt (Art. 99). Zu Etatsüberschreitungen ist die nachträgliche
Genehmigung des Landtages erforderlich; die Rechnungen über den Etat
werden von der Ober-Rechnungskammer geprüft und festgestellt (Art. 104).
Dieser Art. 104 sagt darüber: „Die Rechnungen über den Staatshaushaltetat
werden von der Ober-Rechnungskammer geprüft und festgestellt. Die all-
gemeine Rechnung über den Staatshaushalt jeden Jahres, einschließlich
einer Übersicht der Staatsschulden, wird mit den Bemerkungen der Ober-
Rechnungskammer zur Entlastung der Staatsregierung den Kammern vor-
gelegt. Ein besonderes Gesetz wird die Einrichtung und die Befugnisse der
Ober-Rechnungskammer bestimmen.“ Dies ist erfüllt durch G. 27. 3. 72
nebst Regulativ 22. 9. 73 u. Allerh. Erl. 11. 5. 77 u. 27. 7. 74. Das
Staatshaushalts-(Komptabilitäts-) G. 11. 5. 98 (GS. 77, dazu Aus-
führungsbestimmungen 8. 6. 98, MBl. 133 und V. 13. 5. 99, Abg ZBl.
164) regelt die Aufstellung des Etats (§§ 1—12), die Führung des
Staatshaushaltes und die Rechnungslegung und Kontrolle. Defekten
dürfen — abgesehen von der Unmöglichkeit der Einziehung — nur auf
Grund einer durch Königl. Bestimmung erteilten Ermächtigung nieder-
geschlagen werden (vgl. § 17 G. 27. 3. 72). Steuern und Abgaben
für die Staatskasse dürfen nur, soweit sie in den Etat aufgenommen oder
durch besondere G. angeordnet sind, erhoben werden (Art. 100). In
betreff der Steuern können Bevorzugungen nicht eingeführt werden
(Art. 101). Aufnahme von Anleihen und Ubernahme von Garantien zu
Lasten des Staates finden nur auf Grund eines Gesetzes statt (Art. 103).
Die Hauptverwaltung der Staatsschulden ist eine selbständige
Behörde, welche der Kontrolle der aus je drei Mitgliedern des Abgeord-
neten= und Herrenhauses und dem Präsidenten der Oberrechnungskammer
gebildeten Staatsschuldenkommission unterliegt. Durch G. 8. 3. 97, § 3
abg. durch G. 3. 5. 03 ist eine regelmäßige Tilgung eingeführt. Vom
Etatsjahr 1898/99 ab muß dazu eine Summe von mindestens 3/8 Prozent
der jeweiligen Staatskapitalschuld bereit gestellt sein; weitere Tilgung er-
folgt durch die etwaigen Uberschüsse des Staatshaushalts nach Ergänzung
des Eisenbahnausgleichsfonds (G. 3. 5. 03). — Für Preußen war be-
reits vor der Einführung des Reichsschuldbuchs durch G. 20. 7. 83 ein
Staatsschuldbuch eingerichtet (dazu EBG#B. Art. 97). Nach dem Er-
weiterungs G. 8. 6. 91 können die Inhaber von Schuldverschreibungen
sämtlicher konsolidierten Anleihen davon Gebrauch machen. AussBest. zu
beiden G. 18 u. 19. 6. 91 (MBl. 77), abg. 6. 8. 04 (Ml. 219);
Abänderungs G. 24. 7. 04, AusfBest. 1. 8. 04 (Ml. 232). Auf Grund
des neuen Abänderungs G. 22. 5. 10 (GS 47) ist die Fassung neu ver-
öffentlicht 27. 5. 10 (GS. 55); die Buchschulden können danach auch ohne
Umwandlung gegen Barzahlung begründet werden.