Städteordnung. 271
schwerde an den Provinzialrat zu. Erachtet der Oberpräsident das
öffentliche Interesse durch den Beschluß des Provinzialrats für ge-
fährdet, so steht demselben in der gleichen Weise (§ 123 a. a: O.) die
Beschwerde an das Staatsministerium offen. Der mit Gründen zu
versehende Beschluß des Staatsministeriums ist dem Oberpräsidenten
behufs Zustellung an die Beteiligten zuzufertigen. (26. 8 2 Nr. 6, 3.)
Die Abtrennung einzelner Teile von einem Stadtbezirk und
deren Vereinigung mit einem angrenzenden Gemeinde= oder selb-
ständigen Gutsbezirk sowie die Abtrennung einzelner bisher zu
einer anderen Gemeinde oder zu einem selbständigen Gute ge-
hörender Grundstücke und deren Vereinigung mit einem angrenzen-
den Stadtbezirk kann nach erfordertem Gutachten des Kreistages
durch Beschluß des Bezirksausschussest) vorgenommen werden, wenn
außer den Vertretungen der beteiligten Gemeinden und den be-
teiligten Gutsbesitzern auch die Eigentümer jener Grundstücke darin
einwilligen oder wenn beim Widerfpruche Beteiligter das öffentliche
Interesse es erheischt. Gegen den Beschluß des Bezirksausschusses
steht den Beteiligten und dem Vorsitzenden des Bezirksausschusses
die weitere Beschwerde an den Provinzialrat:) und gegen den Be-
schluß des Provinzialrats dem Oberpräsidenten die fernere Be-
schwerde an das Staatsministerium nach Maßgabe des Abs. 3 offen.
Soll aus den abgetrennten Grundstücken ein neuer Gemeinde= oder
Gutsbezirk gebildet werden, so ist die königliche Genehmigung er-
forderlich. (260. 82, Nr. 6, 4.)
Ein öffentliches Interesse im Sinne des Abs. 3 und 4 ist nur
dann als vorliegend anzusehen,
a) wenn Landgemeinden oder Gutsbezirke ihre öffentlich-recht-
lichen Verpflichtungen zu erfüllen außerstande sind.
Bei Beurteilung dieser Frage sind Zuwendungen, welche
Gemeinden und Gutsbezirken vom Staate oder größeren Kom-
munalverbänden zustehen, nicht als bestimmend zu erachten;
b) wenn die Zersplitterung eines Gutsbezirkes oder die Bildung
von Kolonien in einem Gutsbezirke die Abtrennung einzelner
Teile desselben und deren Zuschlagung zu einer Stadtgemeinde
notwendig macht;
c) wenn infolge örtlich verbundener Lage mehrerer Land-
gemeinden oder von Gutsbezirken oder Teilen derselben mit
Stadtgemeinden ein erheblicher Widerstreit der kommunalen
Interessen entstanden ist, dessen Ausgleichung auch durch
Bildung von Verbänden im Sinne der §§ 128ff. LGO. vom
3. Juli 91nicht zu erreichen ist. (260. 892 Nr. 5.)
In den vorstehend bezeichneten, der königlichen Genehmigung
unterliegenden Fällen ist vor deren Erwirkung der Beschluß des
Bezirksausschussess) oder des Provinzialratst) sowie das Gutachten
des Kreistags den Beteiligten mitzuteilen. (26. 3 2 Nr. 7.
über die infolge solcher Veränderung notwendig werdende
Auseinandersetzung zwischen den Beteiligten beschließt der Bezirks-
1) (Siehe vorige Seite Anm. 2.)
2) In Berlin tritt an die Stelle des Provinzialrates in den Fällen, in denen er in 1. Instanz
beschließt, der Oberpräsident, in den übrigen Fällen der zuständige Minister (LVG. 8 43).
3) In Berlin zuständig der Oberpräsident.
1) In Berlin des Ministers des Innern.