Full text: Handbuch des geltenden Öffentlichen und Bürgerlichen Rechts.

BGB. Verypflichtung zur Leistung. 23 
Zweites Buch. Das Recht der Schuldverhältnisse. 
Erster Abschnitt. Inhalt der Schuldverhältnisse 
(6§ 241—304). 
I. Titel. Verpflichtung zur Leistung (§§ 241—292). 
Im zweiten Buch sind die persönlichen Rechtsbeziehungen zwischen 
dem Gläubiger und Schuldner abgehandelt, während das dritte Buch die 
dinglichen Rechtsbeziehungen (Sachenrecht) enthält. 
Schuldverhältnis (Obligation, Forderung) umfaßt sowohl das Forde- 
rungsrecht des Gläubigers wie die Leistungspflicht des Schuldners. „Kraft 
des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner 
eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen 
bestehen (§ 241).“ Sog. Naturalobligationen, natürliche oder unvollkommene 
Rechte d. h. Schuldverhältnisse, die der Klagbarkeit entbehren, aber erfüllt 
werden können, insofern das Geleistete nicht zurückgefordert werden kann, 
behandelt das BGB. nicht besonders, doch kennt es derartige Fälle z. B. 
beim verjährten Anspruch (§ 222); bei dem auf Grund von Spiel oder 
Wette § 762 f. oder zur Ehevermittlung Geleisteten § 656 usw. Für 
alle Schuldverhältnisse gilt der Grundsatz: „Der Schuldner ist verpflichtet, 
die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf 
die Verkehrssitte es erfordern (§ 242).“ 
a) Bei einer Gattungsschuld (Lieferung einer nur der Gattung 
nach bestimmten Sache: Kartoffeln, Gerste) ist eine Sache mittlerer 
Art und Güte zu leisten; mit dem Augenblick, wo der Schuldner das 
hierzu Erforderliche getan hat (z. B. beim Versendungskauf die Sache 
dem Frachtführer zur Beförderung, übergeben hat RGzer. 63, 538), 
ist die Schuld auf eine bestimmte Sache beschränkt; nunmehr trägt der 
Gläubiger die Gefahr; der Schuldner darf die angebotene Sache nicht 
mehr umtauschen (§ 243). 
b) Bei einer Wahlschuld hat der Schuldner im Zweifel die 
Wahl, welche der wahlweise gestellten Leistungen er bewirken will; mit 
seiner Erklärung an den Gläubiger gilt die gewählte Leistung als von 
Anfang an geschuldet. Die Wahl kann bis zur Zwangsvollstreckung er- 
klärt werden; bei der Unmöglichkeit der einen Leistung tritt — falls sie 
nicht durch den Wahlberechtigten verschuldet ist — Beschränkung auf die 
anderen Leistungen ein (§S 262—265). 
c) Eine Geldschuld in ausländischem Geld kann im Zweifel im 
Inlande in deutschem Geld zum Kurswert am Zahlungsort gezahlt werden 
(6§ 244). Nach dem RMünzG. 1. 6. 09 RGBl. 507 ist in Reichs- 
goldwährung zu zahlen (abgesehen von den Reichs= und Landeskassen ist 
niemand verpflichtet, Reichssilbermünzen im Betrage von mehr als 20 M. 
und Nickel= und Kupfermünzen im Betrage von mehr als 1 M. in 
Zahlung zu nehmen (§ 9). 
d) Zinsen. Sie sind außer in den durch Gesetz vorgeschriebenen 
Fällen nur dann zu entrichten, wenn sie besonders vereinbart sind. Mangels
	        
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