Gerichtswesen (Zivilprozeß). 431
verbrechen des Richters, Aufhebung eines Strafurteils u. a.), soweit die
angegriffene Entscheidung auf diesen Mängeln beruhte und diese nicht recht-
zeitig geltend gemacht werden konnten. Zuständig für beide Klagen ist in
der Regel das Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird (vgl. § 584);
die Klagen müssen innerhalb der Notfrist eines Monats seit Kenntnis
des Anfechtungsgrundes und binnen 5 Jahren seit Rechtskraft des an-
gegriffenen Urteils erhoben werden.
Fünftes bis siebentes Buch. Besondere Prozeßarten.
1. Urkunden= und Wechselprozeß, d. h. Klagen auf Zahlung
bestimmter Geldsummen oder bestimmter Quantitäten vertretbarer Sachen
oder Wertpapiere, soweit der Anspruch durch Urkunden bewiesen werden
kann, sowie aus Wechseln im Sinne der WO. In der Klage muß an-
gegeben werden, daß im U.-bzw. WProzeß geklagt werden soll. Beweismitttel
sind nur Urkunden und Eideszuschiebung; Eidesleistung ist durch Beweis-
beschluß anzuordnen. Widerklage ist unzulässig; der Kläger kann jederzeit
in den ordentlichen Prozeß übergehen. Dem verurteilten Beklagten ist
die Ausführung seiner Rechte vorzubehalten; der Rechtsstreit bleibt alsdann
im ordentlichen Verfahren anhängig, und es erfolgt gegebenenfalls in
diesem die Aufhebung der Vorbehaltsurteils. Im Wechselprozeß ist die
Einlassungsfrist erheblich abgekürzt. 2. Ehe= und Familien-, Ent-
mündigungssachen. Hier wirkt die Staatsanwaltschaft im öffentlichen
Interesse mit. In Ehesachen findet zunächst ein Sühnetermin statt, ist
jederzeit Klageänderung zulässig, sind Anerkenntnisse, Geständnisse, unter-
bliebene Ertlärungen usw. wirkungslos, kann kein Versäumnisurteil gegen
Beklagten ergehen, kann das Gericht von Amts wegen das Verfahren
aussetzen und sind Scheidungsurteile von Amts wegen zuzustellen; vgl.,
auch wegen des Urteilstenors, oben S. 123. — Die Entmündigung erfolgt
auf Antrag durch Beschluß des Amtsgerichts; wegen des Antragsrechts
s. 88 646, 680 (zu diesem s. § 3 AG.SPO. i. d. Fassg. 6. 10. 99, GS. 388;
es muf bei Geisteskranken eine persönliche Vernehmung im Beisein von Sach-
verständigen vorangehen, auch kann Beobachtung in einer Irrenanstalt bis
zu 6 Wochen angeordnet werden. Der Entmündigungsbeschluß ist mit
der Klage, auch durch den Entmündigten, binnen Monatsfrist anfechtbar.
Die Wiederaufhebung der rechtskräftigen Entmündigung erfolgt auf Antrag,
auch des Entmündigten, im gleichen Verfahren. 3. Mahnverfahren.
Wegen eines nicht von einer Gegenleistung abhängigen Anspruchs auf Geld
oder eine bestimmte Quantität vertretbarer Sachen ist vom zuständigen (§ 689)
Amtsgericht auf Antrag ein Zahlungsbefehl zu erlassen (wegen des Inhalts
des Gesuchs vgl. § 690) und von Amts wegen zuzustellen; Widerspruch kann
erhoben werden, solange nicht vom Gerichtsschreiber der Vollstreckungsbefehl
verfügt ist, und dieser ist auf, binnen 6 Monaten zu stellenden, Antrag
zu verfügen, falls die im Zahlgs B. zu setzende Frist von 1 Woche ab-
gelaufen ist und nicht der Schuldner vor der Vollstreckbarkeitserklärung Wider-
spruch erhoben hat (§§ 694, 699). Bei rechtzeitigem Widerspruch gilt die
Klage als bei dem Amtsgericht anhängig, doch ist Verhandlungstermin nur
auf Antrag anzuberaumen (§ 696; wegen Verweisung an das Landgericht
s. § 697). Gegen den Vollstreckungsbefehl, welcher einem für vorläufig
vollstreckbar erklärten Versäumnisendurteil gleichsteht, ist Einspruch gegeben.