Full text: Handbuch des geltenden Öffentlichen und Bürgerlichen Rechts.

Gerichtswesen (Strafprozeß). 439 
letzung der Militärpflicht, 9§ 470 ff. In den beiden ersten Fällen kann 
eine Vermögensbeschlagnahme stattfinden. Vgl. §§ 325 ff., 332 ff. — Fälle 
der Hauptverhandlung gegen Abwesende s. §#§# W-X1 f., 319 u. 470. 
Rechtsmittel sind: 1. Beschwerde gegen Beschlüsse und Ver- 
fügungen. Die BFrist beträgt in den Fällen der sofortigen Beschwerde eine 
Woche, §§ 346 ff.; 2. Berufung gegen die Urteile der Schöffengerichte 
binnen einer Woche nach der Urteilsverkündung bzw. Zustellung schriftlich 
oder zu Protokoll des Gerichtsschreibers einzulegen, §§ 354 ff.; 3. Re- 
vision gegen die Urteile der Landgerichte und Schwurgerichte, zu stützen nur 
auf Gesetzesverletzung (bestimmte Fälle § 377) und ebenso binnen einer 
Woche einzulegen; binnen einer weiteren Woche sind bestimmte Rünträge 
zu stellen und zu begründen; §§ 374 ff. — Ferner findet in bestimmten 
Fällen eine Wiederaufnahme des Verfahrens statt; §§ 399, 402. 
Personen, welche alsdann freigesprochen oder nach einem milderen Straf- 
gesetze verurteilt werden, können nach dem RG. 20. Mai 98 (RGl. 345), 
dazu V. 22. 11. 98 (JIMl. 280) Entschädigung verlangen, s. unten S. 554. 
Sämtliche Rechtsmittel können von dem Staatsanwalt, wie vom Beschuldigten, 
dessen gesetzlichem Vertreter oder dem Ehemann eingelegt werden; §§ 338 ff. 
Bei Beleidigungen und Körperverletzungen, welche nur auf Antrag 
verfolgt werden, kann der Verletzte bzw. dessen gesetzlicher Vertreter sowie 
der nach den Vorschriften des materiellen Rechtes Antragsberechtigte Privat- 
klage erheben (§8 414 ff.); öffentliche Klage wird nur bei öffentlichem 
Interesse erhoben. Wohnen die Parteien in demselben Gemeindebezirke, 
so hat ein Sühnetermin vor dem Schiedsmann voranzugehen (§ 420, Schieds- 
mannsO. 8§§ 33 f.). Ebenso sind die gen. Personen berechtigt, sich einer 
etwa vom Staatsanwalt erhobenen öffentlichen Klage als Nebenkläger 
anzuschließen. Dieses Recht steht auch dem zu, welcher durch seinen 
Antrag auf gerichtliche Entscheidung die Erhebung der öffentlichen Klage 
herbeigeführt hat, wenn sich die strafbare Handlung gegen ihn richtete, 
ferner dem Bußeberechtigten und der Verwaltungsbehörde im Verfahren 
wegen Zuwiderhandlungen hinsichtlich öffentlicher Abgaben (§§ 435, 443,467). 
Besondere Arten des Verfahrens sind: 1. Verfahren bei 
amtsrichterlichen Strafbefehlen. Diese sind zulässig bei Über- 
tretungen und Vergehen, welche mit Gefängnis bis zu 3 Monaten oder 
Geldstrafe bis 600 M. bedroht sind; Höchststrafen sind Geldstrafe bis 
zu 150 M. oder Freiheitsstrafe bis zu 6 Wochen und Einziehung. Gegen 
den Strafbefehl kann binnen einer Woche seit Zustellung Einspruch ein- 
gelegt werden, worauf Verhandlung vor dem Schöffengericht stattfindet; 
§§ 447 ff.; 2. Verfahren nach polizeilicher Strafverfügung. 
Hierzu vgl. unten S. 446; 3. Verfahren bei Zuwiderhandlungen 
hinsichtlich öffentlicher Abgaben und Gefälle. Die Straf- 
bescheide der Verwaltungsbehörden, welche nur Geldstrafe und Einziehung 
festsetzen können, sind durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung bei der 
Verw ehörde binnen 1 Woche seit Bekanntmachung anfechtbar. Im Fall der 
Ablehnung der Verfolgung seitens der Staatsanwaltschaft kann die Verwal- 
tungsbehörde die Anklage erheben, falls ein Strafbescheid nicht erlassen worden 
ist (§§ 459 ff.); 4. Verfahren gegen Abwesende, welche sich der 
Wehrpflicht entzogen haben (§8§ 470 ff.); 5. Verfahren bei 
Einziehung bestimmter Gegenstände (sog. objektives Verfahren) und Ver-
	        
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