Full text: Handbuch des geltenden Öffentlichen und Bürgerlichen Rechts.

440 Strafprozeß. Polizei. 
mögensbeschlagnahme (88 477 f.); 6. ein besonderes abgekürztes 
Verfahren vor dem Amtsgericht ohne Zuziehung der 
Schöffen findet auf Grund der Ermächtigung des 88 Abs. 83 EStPO. 
nach dem ForstdiebstahlG. 15. 4. 78 (GS. 222) statt; vgl. §§ 19 f. das. 
Vgl. auch Feld= und ForstpolizeiG. 1. 4. 80 (GS. 230) §§ 53 f. 
Die Strafvollstreckung (§8 481 f.) erfolgt nach Eintritt der 
Rechtskraft durch die Staatsanwaltschaft mit Ausnahme der Amtsanwälte; 
in Schöffengerichtssachen kann sie dem Amtsrichter übertragen werden. 
Wegen Vollziehung der Todesstrafe s. §§ 485 f. Das Begnadigungsrecht 
hat in Reichsgerichtssachen der Kaiser, sonst die Landesherren (§ 484, 
Art. 49 Pr Verf.). Ein Aufschub der Vollstreckung findet statt, wenn der 
Verurteilte in Geistes= oder lebensgefährliche Krankheit verfallen ist oder 
sein körperlicher Zustand die Vollstreckung in der Anstalt nicht gestattet 
(§ 487); ferner bei Freiheitsstrafen mit Rücksicht auf eine zu erwartende 
Begnadigung, namentlich zugunsten erstmalig und zu weniger als 6 Monaten 
verurteilter Personen unter 18 Jahren; AE. 23. 10. 95, JMl. S. 348; 
ogl. auch AE. 16. 3. 78 (JMl. 55). — Die Kosten des gesamten Ver- 
fahrens hat der Verurteilte, im Fall der Freisprechung die Staatskasse 
bzw. der Privatkläger zu tragen. Die dem Freigesprochenen erwachsenen 
notwendigen Auslagen können der Staatskasse auferlegt werden. Bei 
wissentlich oder grob fahrlässig falschen Anzeigen können dem Anzeigenden 
die gesamten Kosten auferlegt werden. Entsprechende Grundsätze gelten, 
ohne daß es eines Verschuldens bedarf, bei Zurücknahme eines Strafantrags 
oder Rechtsmittels bzw. dessen erfolgloser Einlegung; §§ 496 ff. 
VIII. Polizei. 
Polizei und sonstige innere Verwaltung wurden in früherer Zeit 
meist zusammengeworfen; benennt doch z. B. noch der § 15 ALR. II. 19 
die Polizeiobrigkeit als diejenige Behörde, welche für die Armenpflege zu 
sorgen habe. Auch lag wenig Grund zu unterscheidenden Definitionen vor, 
so lange noch beides unterschiedslos von denselben Behörden verwaltet 
ward. Neuerdings ist dies anders geworden, namentlich seit der Aus- 
dehnung der kommunalen Selbstverwaltung, der überall, wenn auch die- 
selben Organe mit der Wahrnehmung der verschiedenen Befugnisse betraut 
sind, als rein und unmittelbar staatliche Instanz die Polizei gegenüber 
steht; der Bürgermeister als Polizeiverwalter hat eine andere Stellung, 
als er als Vorsitzender des Magistratskollegiums einnimmt (s. S. 292). 
Die Städte und sonstigen Kommunalverbände haben ihre Angelegenheiten 
selbst zu verwalten; „die Gemeinde hat die Bestimmung, alle Beziehungen 
des öffentlichen Lebens in sich aufzunehmen; sie kann hiernach alles in 
den Bereich ihres Wirkens ziehen, was die Wohlfahrt des Ganzen, die 
materlellen Interessen und die geistige Entwicklung des einzelnen fördert“ 
(OVG. 12, 155). Aber daneben gilt die Befugnis der Polizeibehörden, 
alles zu ordnen „was im besonderen Interesse der Gemeinden und ihrer 
Angehörigen „polizeilich angeordnet werden muß“ (§ 6i des Pol Verw G. 
11. 3. 50 GS. 265). Die Frage, was hier „polizeilich“ heißt, wird ins- 
besondere auch noch in den Fällen von Wichtigkeit, wo es sich um Rechtsmittel
	        
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