Full text: Handbuch des geltenden Öffentlichen und Bürgerlichen Rechts.

Polizei. 441 
gegen „polizeiliche“ Verfügungen handelt. Sie sind nach dem LVG. ganz 
andere, als die Rechtsmittel gegen die Verfügungen der Verwaltungsbehörden. 
Gegenüber der früher gebräuchlichen Einteilung der Polizei in Sicher- 
heits= und Wohlfahrtspolizei unterscheidet man neuerdings in Hinblick auf 
die Gefahren, welche aus übergreifender Kraft der Menschen den Rechts- 
zustand bedrohen, und solche Gefahren, welche die in den einzelnen Zweigen 
der Verwaltung geübte Wohlfahrtspflege betreffen, zwischen Sicher- 
heits= oder Rechts= und Verwaltungspolizei. Nur in jener erscheint die 
Polizei als einheitliche Funktion mit eigenem Gebiete, während diese ein 
immanenter Teil jedes einzelnen Verwaltungsgebietes ist, in welchem sie 
— Strafe androhend und ihre Androhungen mit Zwangsgewalt durch- 
führend — das negative Element bildet, im Gegensatze zu der positiven 
Wohlfahrtspflege auf dem betreffenden Gebiete. Die Verwaltung hat die 
positive Förderung der einzelnen und der ihr anvertrauten Allgemeinheit 
zur Aufgabe; und innerhalb der gesamten Verwaltung wirkt die Polizei 
insofern als negative Gewalt, als sie — vorbeugend (präventio) oder 
beseitigend (repressiv) — alles bekämpft, was jener Förderung hinderlich wird; 
beispielsweise ist die Einrichtung und Ordnung des öffentlichen Marktes 
naturgemäß Sache der Verwaltung, aber der Polizeibeamte darf dem 
Marktverkehr nicht fehlen, um vor falschen Maßen und Gewichten u. dergl. 
zu schützen. Indirekt hat die Praxis der Verwaltung die Unterscheidung 
in Sicherheits= und Verwaltungspolizei anerkannt, indem sie neben der 
Sicherheits= und Ordnungspolizei die Bau-, Wege-, Gesundheits-, Forst-, 
Schulpolizei usw. unterscheidet. Neben der allgemeinen Polizei besteht die 
Zuständigkeit besonderer Polizeibehörden, insbesondere: a) Eisenbahn- 
behörden auf Grund §§ 23, 24, 46 G. 3. 11. 38 (GS. 505), BetriebsO. 
5. 7. 92 (RGBl. 691) § 70; OVG. 38, 261; über Meinungsverschieden- 
heiten zwischen Bahn= und Ortspolizei s. ME. 3. 12. 02 (EuBl. 541); 
b) Bergbehörden auf Grund § 196 Allg. Berg G. 24. 6. 65 (GS. 705); 
Je) Forstbeamte s. §§ 62 f. Feld= und ForstpolizeiG. 1. 4. 80 (GS. 230); 
d) Deichschutzpolizei s. §§ 24—26 f. Deich G. 28. 1. 48 (GS. 54); 
e) Strom-Schiffahrts= und Hafenpolizei s. LVG. §8§ 136, 138, 145; 
KreisO. § 59; Zust G. § 95; f) Chausseepolizei s. Absch. XI usw. Der 
Begriff der Sicherheitspolizei ist unverändert geblieben. Der § 10 ALR. II 
17 bestimmt: „Die nötigen Anstalten zur Erhaltung der 
öffentlichen Ruhe, Sicherheit und Ordnung und zur Ab- 
wendung der dem Publiko oder einzelnen Mitgliedern 
desselben bevorstehenden Gefahr zu treffen, ist das Amt 
der Polizei.“ Die Aufgaben der Polizei sind in diesem § in dem 
Sinne umschrieben, daß darüber hinaus, zur Pflege der Wohlfahrts- 
interessen, die Polizei nur auf Grund besonderer gesetzlicher Vorschriften 
zuständig ist (OVG. 15, 427; 38, 291; 39, 278). — Im § 10 I 17 
ist die positive Norm für den gegenwärtigen Umfang der Polizeigewalt 
für ganz Preußen zu erblicken (OVG. 11, 365; 39, 390). Wenn § 6 
unter i G. 11. 3. 50 bestimmt, daß zu den Gegenständen der ortspolizei- 
lichen Vorschriften „alles (andere) gehört, was im besonderen Interesse 
der Gemeinden und ihrer Angehörigen polizeilich geordnet werden muß“, 
so hat nach der ständigen Praxis der Gerichte dadurch dem Polizeiver- 
ordnungsrecht keineswegs ein ganz neues Gebiet erschlossen werden sollen, 
 
	        
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