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es sollte vielmehr der Polizei nur die Möglichkeit offen gehalten werden,
innerhalb der Grenzen des PolizeiG. und des § 10 ALR. II 17 Polizei-
vorschriften ähnlicher Art zu erlassen (Johow 19, 230; ebenso RGer St. 32,
41 u. OVG. 9, 253). Selbstverständlich ist die allgemeine Bestimmung
des § 10 als Vollmacht zum beliebigen Einschreiten der Polizei nicht da
anzuwenden, wo ihr in den Gesetzen für gewisse Verhältnisse besondere Be-
fugnisse gegeben werden (OVG. 17, 357). Uber die Frage, ob in
den Grenzen des Polizeiverordnungsrechtes auch Polizeiverfügungen ergehen
können s. O. 31, 233.
Aus der auf den § 10 AL R. II 17 als der Grundnorm der Polizeiverfügungen
bezüglichen Judikatur des OVG. sei noch hervorgehoben: unter „öffentlicher Ruhe“
ist nicht etwa der Schutz des Publikums vor störenden Geräuschen, sondern eine den
die Sicherheit und Ordnung betreffenden öffentlich-rechtlichen Normen entsprechende
Haltung der Einwohner zu verstehen (es stand das Schießen auf dem Schießplatz
einer Schützengilde in Frage) (Erk. 6, 349); „öffentliche Ordnung“ ist keineswegs gleich-
bedeutend mit öffentlichem oder Gemeinwohl (Erk. 9, 353).
Die öffentliche Ordnung bildet den Gegensatz zu den privatrechtlichen Beziehungen
der einzelnen Rechtssubjekte zueinander und deren Schutz durch die bürgerliche Ge-
richtsbarkeit (OVG.7, 374, Pr VWBl. 23, 246). „Gefahr" ist nicht gleichbedeutend mit Nach-
teil oder Belästigung, sie ist nur da anzunehmen, wo Leib, Leben, Gesundheit oder
Vermögen gefährdet werden (9, 344). Nicht einschreiten kann die Polizei, um eine
Gemeindebehörde zu zwingen, gutes Trinkwasser für die Einwohner zu beschaffen,
falls nicht ein wahrer Notstand in gesundheitlicher Hinsicht vorliegt (12, 382). Eine
Zuwiderhandlung gegen das Sprachen G. 28. 8. 76 durch Anbringung polnischer
Straßenbezeichnungen neben den öffentlichen ist als eine Störung der öffentlichen
Ordnung zu betrachten, die die Polizeibehörde auf Grund des § 10 verhüten kann
(21, 421). Auch die Feststellung der Schreibweise einer Ortschaft ist eine der Landes-
polizei obliegende, zur Erhaltung der öffentlichen Ordnung notwendige Maßregel
(MV. 29. 6. 97 MBl. 135). Die Baupolizei kann der Gefährdung der öffentlichen
Ordnung durch Verherrlichung revolutionärer Vorgänge vorbeugen (36, 403); sie kann
die Entwässerung der Wohngebäude regeln (23, 316). Durch Polizeiverordnung kann
die landhausmäßige Bebauung gewisser Gebietsteile vorgeschrieben werden (34, 375);
auch kann der Anschluß der bebauten Grundstücke an eine von der Gemeinde her-
gestellte Wasser= und Abzugsleitung angeordnet werden (28, 354; 26, 51). Die Ver-
hütung und Löschung von Bränden gehört zur Aufgabe der Polizei (30, 427).
Die Polizeibehörden sind befugt, die ihrer Amtsgewalt unterstehenden
Personen zur Erteilung der nötigen Auskunft über Angelegenheiten der
Polizei vorzuladen und zur Durchführung solcher Anordnungen Zwangs-
mittel anzuwenden (OVG. 15, 423); die Polizei ist auch unter Umständen
berechtigt, in das Privateigentum einzelner, bei vorhandenen Gefahren nicht
Beteiligter zur Beseitigung dieser Gefahren einzugreifen, indessen nur bei
unmittelbar bevorstehender Gefahr, und wenn diese auf keine andere Weise
als durch solchen Eingriff in die Eigentumsrechte eines unbeteiligten Dritten
abwendbar ist (OV G. 16, 330; 24, 491 sog. Staatsnotrecht). Auch wird
im allgemeinen angenommen, daß es nicht Aufgabe der Polizei ist, Ge-
fahren abzuwenden, wenn der Bedrohte sich selber helfen kann.
Für die älteren Provinzen ist ergangen:
Das G. 11. 3. 50 über die Polizeiverwaltung (GS. 265).
Die örtliche Polizeiverwaltung wird im Namen des Königs geführt,
die Ortspolizeibeamten haben die ihnen von der vorgesetzten Staatsbehörde
in Polizeiangelegenheiten erteilten Anweisungen auszuführen (§ 1).