Full text: Handbuch des geltenden Öffentlichen und Bürgerlichen Rechts.

Polizei. 443 
Dieses ist für die Rechtsgültigkeit wesentlich (OVG. MBl. 82, 72; s. 
dazu OVG. 27, 414; 31, 335). Die Polizeiverordnungen treten mit 
dem 8. Tage nach Ausgabe des Amtsblattes in Wirksamkeit, falls nicht 
in ihnen ein anderer Anfangstermin benannt ist (§ 141). Der Landrat 
erläßt Polizeiverordnungen für mehrere Ortspolizeibezirke oder den ganzen 
Kreis mit Strafandrohung bis 30 Mk. unter Zustimmung des Kr A. 
(§ 142); endlich der Amtsvorsteher für eine oder mehrere Gemeinden 
(oder Gutsbezirke) oder den ganzen Amtsbezirk mit Strafandrohung bis 
9 Mk. unter Zustimmung des Amtsausschusses, die durch den Kr . 
ergänzt werden kann (Kr O. § 62). Kreis= und Ortspolizeiverordnungen 
werden unentgeltlich im Amtsblatte bekannt gemacht (ME. 18. 5. 96 
Ml. 112). Sämtliche Verordnungen der Ortspolizei waren gemäß 
§ 5 des Pol Verw G. 11. 3. 50 „nach Beratung mit dem Gemeindevor- 
stande“ zu erlassen. Dies gilt nach § 143 LVG., soweit sie zum Gebiete 
der Sicherheitspolizei gehören, auch jetzt; sonst bedarf es jetzt in 
Städten der Zustimmung des Gemeindevorstandes, welche freilich 
durch Beschluß des BzA. 1) ergänzt werden kann; auch hier kann in un- 
aufschiebbaren Fällen die Polizeiverordnung vorläufig ohne jene Zustimmung 
(welche aber dann bei Vermeidung des Außerkrafttretens der Verordnung 
binnen 4 Wochen nachträglich erteilt werden muß) erlassen werden. Unter 
Sicherheitspolizei ist hier alles zu verstehen, was dazu dient, Gefahr von 
dem Einzelnen oder Gemeinwesen abzuwenden oder Person und Eigentum 
zu schützen. Der Königl. Befehl 24. 4. 12 (GS. 43), betr. einige nähere 
Bestimmungen der V. 27. 10. 10 über die veränderte Verfassung aller 
obersten Staatsbehörden in der preußischen Monarchie gibt in Abs. 
folgende Definition: „Sicherheitspolizei, das ist Aufsicht auf die inger- 
Ruhe des Staates, auf verdächtige Fremde, auf das Paßwesen, ingleichen 
Obsorge für die Sicherheit des Lebens, der Freiheit und des Eigentums 
gegen Gewalt und List.“ Eine Verordnung, die teils sicherheitspolizeilich 
ist, teils sich auf andere Gebiete bezieht, bedarf, wenn sie ein unteilbares 
Ganzes bildet, nicht der Zustimmung des Gemeindevorstandes (OVG. 31, 
360; 26, 51). In Stadtkreisen ist das Maximum der Strafe auf 30 Mk. 
erhöht; im übrigen steht die Genehmigung zu höherer Strafandrohung 
als 9 Mk. (bis 30 Mk.) dem Regierungspräsidenten zu (§ 144). — Er 
hat die Befugnis, orts= oder kreispolizeiliche Verordnungen außer Kraft 
zu setzen, und zwar unter Zustimmung des BzA. Der Minister des 
Innern kann, wie schon nach § 16 Pol Verw G., jede Polizeiverordnung 
außer Kraft setzen (§ 145). — Bei Eingemeindungen tritt nach OVG. 48, 
21 das öffentliche Recht in dem eingemeindeten Gebiet ohne weiteres in 
Kraft; RGer. (38, 305) und KGer. (34, C. 3) sind anderer Ansicht. — 
Schließlich sei noch darauf hingewiesen, daß Polizeiverordnungen, die 
ja ihrer Wirksamkeit nach den Gesetzen gleich stehen, natürlich nicht wie 
Polizeiverfügungen durch Beschwerde oder Klage (s. S. 264) angefochten 
werden können. Man kann die Aufhebung der Polizeiverordnungen gemäß 
§ 145 beantragen, und im Einzelfalle, wenn man von ihnen mit Strafe 
bedroht ist, richterliche Entscheidung anrufen. Hierbei ist aber immer, ab- 
1) In Berlin des Oberpräsidenten.
	        
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