Full text: Handbuch des geltenden Öffentlichen und Bürgerlichen Rechts.

458 Armenwesen (Unterstützungswohnsitzgesetz). 
III. Preuß. Ausf G. dazu 8. 3. 71 GS. 130 nebst Novelle 11. 7. 91 
Min Inst. 10. 4. 71, M. 20. 1. 1909 MBl. 25. 
Diese Gesetze zu II und III hängen so sehr miteinander zusammen 
und greifen so eng ineinander ein, daß ihre gemeinsame Behandlung 
zweckmäßig ist. Die fett gedruckten Ziffern sind die Paragraphen des 
UW., die anderen die des Preuß. G. von 71. — Mittelbar kommt 
noch die sog. Arbeiterversicherungsgesetzgebung in Betracht, insofern als 
dem Armenverbande, wenn er für einen Zeitraum, für welchen dem 
Unterstützten auf Grund der betr. Gesetze ein Entschädigungsanspruch 
zustand, Armenunterstützung gewährt hat, Ersatz zu leisten ist, Gewu# VG. 
§ 25, Landwmn VWG. § 30, Bauu VG. §9, Seen VW. § 29, JVG. 49; 
der auf Grund des Kranken KHWG. bestehende Unterstützungsanspruch geht 
auf den unterstützenden Armenverband über, Kranken W#. §§ 57, 77; 
s. auch S. 231. 
A. Geltungsbereich der Armengesetzgebung. Das Ver- 
ständnis erfordert einen Rückblick. Vor der Gründung des Norddeutschen. 
Bundes war der Anfang zur Anbahnung eines gemeinsamen Armen- 
fürsorgerechts zunächst unter Preußen, Bayern, Sachsen und kleineren 
Bundesstaaten durch die Gothaer Konvention 15. 7. 51 gemacht, welche 
der einseitigen Beförderung lästiger Fremder an die Landesgrenze ein 
Ziel setzte, und in welcher sich die kontrahierenden Staaten verpflichteten, 
ihre Angehörigen selbst nach Verlust der Staatsangehörigkeit zu über- 
nehmen, solange sie im anderen Staate die Staatsangehörigkeit noch nicht 
erlangt hatten. Ergänzt wurde die Konvention durch die Eisenacher 
Übereinkunft 11. 7. 53, welcher Osterreich beitrat. Sie verpflichtet in 
der Hauptsache die beteiligten Regierungen, ohne Anspruch auf Ersatz an 
die öffentlichen Kassen des Heimatsstaates, dessen erkrankten Angehörigen 
Kur und Verpflegung bis dahin zu gewähren, wo ihre Rückkehr in den 
zur Übernahme verpflichteten Staat ohne Nachteil für ihre oder anderer 
Gesundheit geschehen kann. Dazu kam später für das Gebiet des Nord- 
deutschen Bundes der im § 11 Abs. 2 FreizügigkG. ausgesprochene Grund- 
satz, daß jeder Bundesangehörige an dem Orte des Bundesgebiets, an. 
welchem er sich niederließ, das Heimatsrecht oder den Unterstützungs- 
wohnsitz erwerben durfte, sofern dieser Erwerb durch Niederlassung oder 
durch bestimmte Zeit hindurch fortgesetzten Aufenthalt bedingt war. Ferner 
beließ es § 7 Freizügig G. für das Verfahren der nach § 5 ebenda zu 
vollziehenden Ausweisungen, wenn mehrere Bundesstaaten in Betracht 
kamen, bei der Gothaer Konvention und bestimmte gleichzeitig, daß ein 
Anspruch auf Ersatz der bis zur Übernahme eines Hilfsbedürftigen ent- 
stehenden Kosten unbeschadet anderweitiger Verabredungen nur insoweit 
stattfinde, als die Fürsorge für den Auszuweisenden länger als drei 
Monate gedauert hat (vgl. hierzu Schiedsspruch der Bad. St Min. 4. 3. 81, 
MV. 21. 12. 05 MBl. 06, 01). Bei der Errichtung des Deutschen 
Reiches wurde das G. über den Unterstützungswohnsitz in Bayern nicht 
eingeführt (Schlußprotokoll 23. 11. 70 Nr. III), so daß, nachdem im 
übrigen an Stelle der Landesgesetze des § 11 Abs. 2 Freizügigk G. das 
UnterstützungswohnsitzG. getreten war, der bayerische Staatsangehörige 
jetzt lediglich als Ausfluß des durch das Freizügigk G. gegebenen Aufenthalts- 
  
 
	        
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