Verkehrswesen (Wege und Wasserstraßen). 483
mit Fuhrwerken offen, und die Polizei ist nicht berechtigt, einem Mitgliede
des Publikums diese Benutzung zu verbieten. Aber diese Benutzung muß
sich in den Grenzen des gemeinen, jedem Mitgliede des Publikums gleicher-
maßen zustehenden Gebrauches der Wege halten. Zu einer Benutzung,
die über diesen Gemeingebrauch hinausgeht, ist niemand berechtigt (OVG.
10, 194). Darüber, was unter Gemeingebrauch der Wege zu verstehen
ist, bestehen keine festen Normen, vielmehr muß dies nach dem jeweiligen
Stande des öffentlichen Verkehrs, nach der Entwicklung der Verkehrs-
bedürfnisse und Verkehrsmittel beurteilt werden.“ Das O. hält hiernach
die Benutzung der Straßen durch Kraftwagen und Räder als noch in den
Rahmen des Gemeingebrauchs fallend, nicht aber den Verkehr mit Straßen-
lokomotiven. Es war aber nie streitig, daß die Polizei aus Gründen der
Verkehrssicherheit auch die Benutzung gewisser Straßen für Automobile
verbieten könne. Die auf Grund des § 6 des Kraftfahrzeug G. 3. 5. 09
erlassene Bundesratsverordnung über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen
vom 3. 2. 10 RGBl. 389 setzt im § 23 ausdrücklich fest, daß die
Polizeibehörden allgemein oder für besondere Fälle, „soweit der Zustand
der Wege oder die Eigenart des Verkehrs es erfordert, den Verkehr mit
Kraftfahrzeugen überhaupt oder mit einzelnen Arten auf bestimmten
Wegen, Plätzen und Brücken verbieten oder beschränken“ könne. Hierzu
Pr MV. 25. 2. 10 MBl. 62.
Zur „Wegeunterhaltung“ gehört nicht die regelmäßige, polizeilich zu
erzwingende Reinigung (OVG. 26. 10. 05, Pr VBl. 27, 394; 24. 11 04,
Pr VBl. 26, 679) 1), wohl aber das Wegräumen des Schnees (OVG. 14,
399, 282, und 17, 324, und 45, 162). Die Wegebaupflichtigen haben
auch für die Zufahrtstraßen der Brücken zu sorgen, während diese selbst,
falls sie über schiffbare Flüsse führen, im allgemeinen vom Staate zu
unterhalten sind (§ 53 ALR. II 15, OV. 33, 268; 42, 206; 45, 297;
aber: 47, 280). — Der Inhaber der Wegegeldgerechtigkeit kann sich nicht
durch einseitigen Verzicht auf diese von der Wegeunterhaltungspflicht be-
freien (OVG. 16, 299; 46, 267). — (Von den öffentlichen Straßen der
Städte — die in der Regel Eigentum der Stadtgemeinden sind, OG.
14, 198 — ist hier nicht die Rede; über ihre Anlegung usw. s. oben
S. 80 f.). Über die Ablösung der Wegebaupflicht der Staatsbauverwaltung
s. Anw. 7. 11. 07 MBl. 239.
Wer es unternimmt, Abgaben, die nach einem von der zuständigen
Behörde erlassenen Tarife für Benutzung von Verkehrsanlagen zu ent-
richten sind, zu hinterziehen oder solche überhebt, wird nach G. betr.
Hinterziehung und Überhebung von Verkehrsabgaben 2. 5. 00 GS. 123
bestraft.
B. Verschiedene Arten der öffentlichen Wege:
1. Chausseen, auch Kunststraßen und im § 17 AdR. II 15
auch Dammstraßen genannt. Sie erhalten die Eigenschaft einer Kunst-
straße im rechtlichen Sinn erst dadurch, daß sie den für Chausseen er-
lassenen gesetzlichen und reglementarischen Bestimmungen unterworfen
1) Im Jahre 1910 ist ein Entwurf eines über das Reinigen öffentlicher Wege nebst Begründung
veröffentlicht worden (vgl. Selbstverwaltung Nr. 14—16).
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