Full text: Handbuch des geltenden Öffentlichen und Bürgerlichen Rechts.

Kirchenrecht (Privat-Kirchenrecht; Kirchenvermögen). 529 
beamten bestimmten Güter und Einkünfte, einschließlich der Stolgebühren 
und dergl. (§ 772 ff. das.). Hinsichtlich der Stolgebühren ist besonders 
zu erwähnen KO. 21. 7. 77, betr. die Aufhebung der Stolgebühren in 
den Militärgem., zu welcher in den Jahren 1877 und 78 Ausführungs- 
bestimmungen und erläuternde Reskripte des Kriegsministers ergangen 
sind; ferner hebt das Kirchen G. 28. 7. 92 die Verpflichtung zur Ent- 
richtung von Stolgebühren für Taufen und Trauungen in ortsüblich ein- 
fachster Form, sowie für Aufgebote auf gegen eine von der Kirchengemeinde 
an die Geistlichen und übrigen Kirchenbeamten zu zahlende Rente, die sich 
nach dem Durchschnitt der Solleinnahme in den Jahren 1886—1890 
einschl. bestimmt; dazu Kirchen G. 6. 7. 98 (KGVhl. 135), betr. 
Revision der Rente. Keinen Anspruch auf Entschädigung haben die geist- 
lichen Stellen, deren Jahreseinkommen außer freier Wohnung und Stol- 
gebühren mindestens 6000 M. beträgt; auch wird bei geringer dotierten 
Stellen die Entschädigungsrente nur insoweit gezahlt, als mit ihr jene 
Höhe des Einkommens erreicht wird. Zum Zwecke der Gewährung von 
Beihilfen wird ein landeskirchlicher Fonds gebildet, in welchen zunächst 
eine Staatsrente fließt. Beihilfen aus ihm erhalten solche Kirchengemeinden, 
in welchen in unmittelbarer Folge des Inkrafttretens des G. und in Er- 
mangelung eines ausreichenden und verfügbaren Uberschusses der Kirchen- 
kasse eine Umlage ausgeschrieben oder erhöht werden muß, ferner diejenigen 
Kirchengemeinden, in welchen bisher statt der berechtigten Geistlichen bzw. 
Kirchenbeamten die Kirchenkassen die aufgehobenen Gebühren zu beziehen 
hatten und diejenigen Kirchengemeinden, in welchen nach dem 1. 1. 74 
diese Gebühren ganz oder teilweise abgelöst sind; hierzu Kirchen G. 1. 2. 04 
(&GVl. 2). Nach dem sanktionierenden Staats G. 3. 9. 92 (GS. 267) 
beträgt die dauernde, in den landeskirchlichen Fonds fließende Staatsrente 
jährlich 1250000 M. Die Kirchengesellschaften haben bezüglich des Ver- 
mögens die Rechte der Minderjährigen (§ 228 ALfR. II, 11). Von den 
Steuerprivilegien ist schon früher die Rede gewesen; bemerkt sei hier nur 
noch, daß die Kirchengesellschaften in betreff ihrer Immobilien im allgemeinen 
nicht anders, als alle sonstigen juristischen Personen gestellt sind (§ 165 das.); 
nur die Kirchengebäude sind steuerfrei (§ 174); wegen der Dienstgrundstücke 
der Geistlichen vgl. OVG. KGVBl. 1910, 2; Kirchen= und Pfarrgüter als 
solche sind denn auch insbesondere den Kommunal-Realsteuern unterworfen. — 
Eigentümerin des Pfarr= wie des eigentlichen Kirchenvermögens ist die Kirchen- 
gemeinde 7), vertreten durch den Gemeindekirchenrat (§ 160, Kirchengem.= 
und SynO. 8§§ 1, 2, 22, G. 25. 5. 74 Art. 1 und 4, OVG. Pr Vl. 
21, 302). Seiner Bestimmung unterliegt die Benutzung der Kirche zu 
anderen Zwecken als denen des Gemeindegottesdienstes, wie Missions- 
festen (Erl. 12. 3. 91, KcVBl. 27). Er steht bei seiner Verwaltung 
unter der Aufsicht des Konsistoriums, in höherer Instanz des Evangel. 
Oberkirchenrats (§8 143, 161 ff. AbR. II, 11, Kirchengem.= und SynO. 
§ 22, G. 3. 6. 76 Art. 21). Er bedarf bei allen wichtigen Angelegen- 
heiten, z. B. der Etatsfeststellung, der beschließenden Mitwirkung der 
  
1) Nach Märkischem Provinzialrecht stellen die einzelnen Kirchen selbständige, mit eigener 
juristischer Persönlichkeit versehene Stiftungen dar, denen das Kirchenvermögen gehört (Instr. d. Min. 
der geistlichen Angel. 6. 8. 45, Ml. 212). 
Zelle, Handbuch. 6. Aufl. 34
	        
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