Full text: Handbuch des geltenden Öffentlichen und Bürgerlichen Rechts.

66 BGB. Rechte an Grundstücken. Grundbuch. 
Besitz durch verbotene Eigenmacht entzogen hat (fehlerhafter Besitzer) 
(6 858), innerhalb eines Jahres nach Verübung der verbotenen Eigen- 
macht (§ 864) die Wiedereinräumung des Besitzes verlangen, es sei denn, 
daß er selbst dem Besitzentzieher oder dessen Rechtsvorgänger gegenüber 
fehlerhaft besitzt (§ 861). Wird der Besitzer durch verbotene Eigenmacht 
im Besitze gestört, so kann er Beseitigung der Störung verlangen und, 
wenn weitere Störungen zu befürchten sind, auf Unterlassung klagen 
(§5 862). Der Besitzstörer oder Besitzentzieher kann sich nicht lediglich auf 
sein Recht an der Sache, sondern nur darauf berufen, daß ihm kraft 
Gesetzes (z. B. als Vermieter in Ausübung des gesetzlichen Pfandrechts 
an den Sachen des Mieters) oder Vertrages ein Recht zur Besitzent- 
ziehung oder Störung zustehe (§ 863). Schadensersatz kann mit der 
Besitzklage nicht gefordert werden. Ein besonderes Verfahren für die 
Besitzklagen kennt die ZPO. nicht mehr; die frühere schleunige Prozeßart 
(sog. possessorium summariissimum) ist durch die einstweilige Ver- 
fügung (8PO. 8§ 935 f.) ersetzt. Verbindung der Besitzklage mit der 
Klage aus dem Rechte ist unbeschränkt gestattet. Dem mittelbaren Besitzer 
steht nach § 869 Besitzesschutz nur gegen Dritte, nicht aber gegen den 
unmittelbaren Besitzer zu; diesem gegenüber kann er nur die Klage aus 
dem Rechte erheben. § 867 gibt dem unmittelbaren wie auch (§ 869) 
dem mittelbaren Besitzer den sog. Abholungsanspruch behufs Auf- 
suchung und Wegschaffung seiner Sache vom fremden Grundstück. 
Zweiter Abschnitt. Allgemeine Vorschriften über 
Rechte an Grundstücken (88 873—9029. 
Das Sachenrecht des BGB., soweit es die Rechte an Grundstücken 
regelt, setzt die Einrichtung eines Grundbuchs voraus. Die Einrichtung 
der Grundbücher entstammt dem deutschen Recht und ist in besonderen im 
preußischen Recht vervollkommnet worden (zunächst Hypothekenordnungen 
1722, 1783); seit 1872: Grundbuch (Eigentumserwerbsgesetz und G0. 
5. 5. 72). Jetzt gelten §§ 873, 902, 925 — 928 BGB. sowie die 
Reichsgrundbuchordnung v. 24. 3. 97 RGBl. 139, s. EG. Art. 186, 
189. Neben der REB. kommt noch für Preußen in Betracht die 
Allg. Verf. 20. 11. 99 JMM l. 349, die hauptsächlich die Einrichtung 
der Grundbücher und das Verfahren in Grundbuchsachen regelt, ergänzt 
25. 4. O4 JM Bl. 89; 10. 1.-07 JMhl 6; 25. 9. 08 JlMl. 355, 
ferner das Preuß. AG. 26. 9. 99 GS. 307 und die Kgl. V. 13. 11. 
99 GS. 519. 
  
Reichsgrundbuchordnung. 
1. Form und Einrichtung der Grundbücher. Die Regel ist, 
daß für jede Gemeinde und jeden selbständigen Gutsbezirk ein oder mehrere 
Grundbücher bestehen sollen, in welche die selbständigen, in den Grund- 
steuerbüchern verzeichneten Grundstücke unter fortlaufenden Nummern ein- 
getragen werden (§§ 1—2 GB0O.; § 1 Allg. V. 20. 11. 99); diese 
Nummern nennt man auch Blätter (§ 3 GBO). Für Grundstücke des 
Staates, der Kirchen, Schulen und Gemeinden sowie für Eisenbahnen,
	        
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