110 Volk und Staat.
oder zu beiden Seiten derselben in doppelter Reihe. Im
Gegensatz zum Straßendorf liegen zwischen den Höfen, die
inmitten von Gras= und Baumgärten oft nicht unmittelbar
an die Straße reichen, freie Räume, so daß man überall
zwischen den Höfen hindurch ins Freie gelangt. Das zum
Hof gehörende Land zieht in einem langen Streifen bis
zur Flurgrenze, jeder Hof hat eignen Wirtschaftsweg durch
seine Felder. Auf der topographischen Spezialkarte sind diese
deutschen Kolonistendörfer leicht an ihrer langen Ausdehnung
und den vielen parallelen Feldwegen zu erkennen, die von
der Dorfstraße ausgehen. Bei der Lausitz, dem Erzgebirgischen
Becken und Mittelgebirge wurden die größten seächsischen
Reihendörfer bereits namentlich aufgeführt. Diese Dörfer
wurden vielfach durch Rodung des Waldes geschaffen, jeder
Ansiedler erhielt ein geschlossenes Stück Land. Dagegen
liegen bei den Rundlingen und Straßendörfern die zum
Hof gehörigen Grundstücke verstreut im Gemenge (Gewanne),
der Boden wurde nach der Güte und Benutzbarkeit stück-
weise aufgeteilt. Ursprünglich fand diese Verteilung in ge-
wissen Zwischenräumen neu statt, wie jetzt noch beim Mir,
dem russischen Gemeindesystem. Diese Aufteilungsform war
auch bei den Germanen in ältester Zeit üblich. Sie schuf
das germanische Haufendorf, in dem die Gehöfte planlos
beisammen liegen, das Ganze wie beim Rundling von Hecke
und Graben umgeben. Eigentliche germanische Haufendörfer
finden sich auf dem ehemals flawischen Boden nicht, sie
treten erst weiter westlich in dem altdeutschen Siedlungsgebiet
Thüringens und der Provinz Sachsen auf. Ansätze dazu
stellen auf dem Kolonisationsboden des Königreichs Sachsen
die Weiler dar, die aus wenigen Gehöften bestehen und
namentlich in den Lößgegenden als vierte Siedlungsform
sich finden.
Die Ortsnamen lassen am sichersten die ehemalige