Volk und Staat. 113
diese Tracht höchst eigenartig erscheinen. Im Vogtland tragen
ältere Frauen mitunter noch die alte Volkstracht, die mit
der des Thüringer Waldes übereinstimmt.
Die Städte wurden alle von den Deutschen angelegt,
meist in günstiger Verkehrslage, namentlich an wichtigen
Flußübergängen, und dienten zugleich als Festungen. Es
kehrt immer derselbe Grundplan wieder: in der Mitte ein
viereckiger Marktplatz, von ihm gehen vier Hauptstraßen in
verschiedenen Himmelsrichtungen nach den vier Haupttoren,
die Seitenstraßen laufen parallel zu den Hauptstraßen.
Nicht bei allen Städten ist dieser Grundplan ganz durch-
geführt, bei den größeren findet er sich jetzt noch im Stadt-
kern. Das äußere Bild hat sich in den letzteren durch die
neuen Vorstädte ganz verändert. Die meisten Städte wurden
im 12. und 13. Jahrhundert gleichzeitig mit den deutschen
Dörfern gegründet, im 15. und 16. Jahrhundert entstanden
die jüngeren Bergstädte, wie Annaberg und Marienberg,
einzelne reichen nur bis in das 17. Jahrhundert zurück,
z. B. Johanngeorgenstadt. In jüngster Zeit wurden auch
Industriedörfer zu Städten erhoben (Limbach, Olbernhau).
Sachsen ist eine konstitutionelle Monarchie. Der
Landtag besteht aus zwei Kammern. In der ersten über-
wiegen die Vertreter des Großgrundbesitzes, die zweite be-
steht aus 82 Abgeordneten, von denen 37 von den Städten,
15 von den Landgemeinden gewählt werden. Die Wahl
erfolgt auf sechs Jahre, seit 1896 nach dem indirekten Drei-
klassenwahlrecht, alle zwei Jahre scheidet ein Drittel der Ab-
geordneten aus. Die Staatsregierung wird durch die sechs
Ministerien für Justiz, Finanzen, Inneres, Außeres, Krieg,
Kultus und öffentlichen Unterricht geleitet. Im Bundesrat
des Deutschen Reiches ist Sachsen durch vier Bevollmächtigte,
im Reichstag durch 23 Abgeordnete vertreten.
Das Land ist in fünf Kreishauptmannschaften ein-
Zemmrich, Landeskunde d. Königr. Sachsen. 8