Full text: Landeskunde des Königreichs Sachsen.

22 Die Lausitz. 
grenze. Die Ostgrenze beginnt bei Löbau und läuft zur preu— 
ßischen Grenze, die im Norden und Nordosten die sächsische 
Wendei abschließt. 
In sieben katholischen und einer evangelischen Kirche, die aber 
außerhalb der Wendei in Löbau liegt, wird noch ausschließlich 
wendisch gepredigt, in 23 evangelischen Kirchen abwechselnd 
wendisch und deutsch. In 51 evangelischen und 13 katholischen 
Schulen erhalten die wendischen Kinder noch den Religions- 
unterricht in ihrer Muttersprache und auf der Unterstufe auch 
wendischen Leseunterricht. Der allmähliche Rückgang des Wenden- 
tums würde schneller erfolgen, wenn es sich nicht um eine rein 
bäuerliche Bevölkerung handelte, die stets ihre Sprache zäher 
bewahrt als eine städtische oder industrielle. In den oben er- 
wähnten 297 Gemeinden ist die überhaupt wendischsprechende 
Bevölkerung seit 1880 von 46895 auf 42862 (1900) gefallen, 
oder von 57 auf 46 v. H. 1849 zählte dieses Gebiet sogar noch 
68 v. H. Wenden, 176 Gemeinden hatten damals noch über 
85 v. H. Wenden, 1900 nur noch 91, einschließlich aller Zwei- 
sprachigen. Die wendische Mehrheit ist im letzten halben Jahr- 
hundert in 49 Gemeinden in eine deutsche verwandelt worden. 
Die Wendei teilt das Schicksal fast aller vereinzelt liegender 
Sprachinseln, sie geht in dem Volkstum ihrer Umgebung unter. 
Die Wenden oder Sorben sind ein Teil der Westflawen, 
ihre nächsten Sprachverwandten sind Polen und Tschechen. Die 
Wenden haben sich bisher als gute sächsische Staatsbürger er- 
wiesen; wiederholte tschechische Versuche, die panflawistische Pro- 
paganda in die Wendei zu verpflanzen, haben wohl bei einzelnen 
Wenden, namentlich der gebildeten Klassen, Anklang gefunden, 
aber keinen Erfolg in der bäuerlichen Masse gehabt, die auch 
ihre alte flawische Volkstracht immer mehr aufgibt. Auch in 
dieser Beziehung sind die katholischen Wenden konservativer als 
die evangelischen. 
Die Lausitz ist die einzige Gegend Sachsens, wo sich 
überwiegend katholische Gebiete finden. Dies erklärt sich 
daraus, daß die Lausitz erst 1635 sächsisch wurde. Im Ge- 
biet der 48 katholischen Wendendörfer liegt das Kloster 
Marienstern. Ein zweites Nonnenkloster ist Marienthal bei 
Ostritz. Hier bilden die Stadt Ostritz (6/10 Kathol.) und die 
südöstlich von ihr liegenden Landgemeinden Blumberg, Alt-
	        
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