Full text: Die Deutsche Reichsverfassung.

104 Die Organisation der Reichs-Staatsgewalt. 
lasse, Anordnungen und Verfügungen des Kaisers bedürfen kraft 
eines in Anlehnung an Art. 17 der Reichsverfassung entstandenen 
Gewohnheitsrechts der Gegenzeichnung des Kieich-skanzlers, 
welcher dadurch die Derantwortlichkeit übernimmt. Die Hubli- 
kation der kolonialen Rechtsbestimmungen ist nicht einheitlich 
geregelt, sie geschieltt teils durch das Reichsgesetzblatt, teils durch 
das Deutsche Kolonialblatt, teils auch durch andere GOrgane. 
In Kraft treten die neuen Gesetze mangels ausdrücklicher an- 
derer Zestimmung mit dem Ablaufe von 4 WMonaten nach dem 
Ausgabetage des Hublikationsorgans in Berlin (Gesetz über die 
Konsulargerichtsbarkeit § 50, Schutzgebietsgesetz § 3). Sein Der- 
ordnungsrecht hat der Kaiser in gewissem Umfange dem Kieichs- 
kanzler und dieser wiederum anderen Kolonialbehörden delegiert. 
5. An der Spitze der gesamten Nolonialverwaltung steht 
als verantwortlicher Kolonialminister des Reiches der 
Reichskanzler. Gleich unter ihm scheidet sich der koloniale 
Bebördenorganismus in den der Kolonie Kiautschou einerseits 
und den aller übrigen Kolonien andrerseits. Die Derwaltung 
von NKiantschou liegt dem Reichsmarineamt ob. Für die afri- 
kanischen und Südsee-Schutzgebiete dagegen war bisher die 
Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes zuständig; an ihre 
Stelle ist nunmehr kraft der Gesetzgebung von 1007 das selb- 
ständige Reichskolonialamt getreten. Daß man die Kolonial= 
angelegenheiten so lange in einer Abteilung des „Auswärtigen 
Amtes“ bearbeitete, erklärt sich aus der anfänglichen Behand- 
lung aller Kolonialfragen als solcher der auswärtigen Holitik. 
Die Kolonialabteilung unterstand hinsichtlich der Zeziehungen 
zu fremden Mächten und der allgemeinen Holitik dem Staats- 
sekretär des Auswärtigen Amtes, bezüglich aller eigentlichen kolo- 
nialen Angelegenbeiten dagegen unmittelbar dem Keichskanzler, 
welcher sich durch den „Direktor“ dieser Abteilung (aber nicht ver- 
antwortlich) vertreten lassen konnte. zetzt steht an der Spitze ein 
verantwortlicher Staatssekretär. Der aus vom Reichskanzler er- 
nannten, von größeren Nolonialgesellschaften vorgeschlagenen 
Mitgliedern zusammengesetzte „Kolonialrat“ steht den obersten 
Kolonialbehörden als sachverständiges Organ mit beratender 
Stimme zur Seite. — Die Sentralstelle der Lokalverwaltung 
bildet der Kaiserliche Gouverneur (früher vereinzelt auch 
Landeshauptmann genannt), dem alle übrigen Landesbeamten 
des Schutzgebiets unmittelbar unterstellt sind. Als Sachverstän-
	        
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