Full text: Die Deutsche Reichsverfassung.

Die Organisation der Reichs-Staatsgewalt. 105 
digenbeiräte des Gouverneurs sind neuerdings die sogenannten 
„Gouvernementsbeiräte“ errichtet worden; sie bestehen aus 
dem Gouverneur selbst und aus amtlichen sowie außeramtlichen 
Mitgliedern, und führen nur beratende Stimme; der Gouverneur 
muß ihnen bestimmte Sachen vorlegen, kann aber selbst bei 
diesen von ihren Gutachten abweichen. An der Spitze der 
weiteren Gliederung des Schutzgebiets, der Bezirksämter, steht 
der Kaiserliche Zezirksamtmann. Anfänge kolonialer Kom- 
munalverbände sind seit dem Jahre 1890 in einigen Kolonien, 
besonders in Cstafrika, zu verzeichnen. 
Die Vorbildung der Kolonialbeamten ist noch nicht selb- 
ständig geregelt; für die Rechtsverhältnisse der „Landesbeamten 
in den Schutzgebieten“ sind besondere Derordnungen maßgebend, 
welche das Reichsbeamtenrecht im großen und ganzen für an- 
wendbar erklären. 
6. Für die Bewohner der Deutschen Kolonien fehlt es zur 
Feit noch an einer einbeitlichen Rechtsordnung. Man unter- 
scheidet auf der einen Seite nach der Staatsangehörigkeit In- 
länder und Ausländer, auf der andern Seite nach der Hautfarbe 
Weiße und Farbige (Eingeborene). Der Begriff der Ausländer 
ist der gleiche wie im Reichsgebiet. Für die Rechtsstellung der In. 
länder kommt in Betracht: die Reichsangehörigkeit und die Schutz- 
gebietsangehörigkeit, speziell die ostafrikanische Landesangehörig- 
keit. Der Erwerb sowie der Derlust der Reichsangehörigkeit 
richtet sich nach den estimmungen des Staatsangehörigkeits= 
gesetzes vom 1. Juni 1870, jedoch mit der Sondervorschrift be- 
züglich des Erwerbes, daß Ausländern, welche in den Schutz- 
gebieten sich niederlassen, sowie Eingeborenen die Reichsange- 
Rörigkeit durch aturalisation von Seiten des Reichskanzlers 
verlieen werden kann. Der KRieichskanzler ist ermächtigt, diese 
Befugnis auch einem anderen Loaiserlichen Beamten zu über- 
tragen (SchGG. 0 Abs. 1). Außer durch Naturalisation wird 
die Reichsangehörigkeit in den Kolonien ferner durch Anstellung 
als HKolonialbeamter erworben, wobei die Bestallungsurkunde 
die TNoaturalisationsurkunde ersetzt. In beiden Fällen ist der 
Erwerb der Reichsangehörigkeit ein unmittelbarer, d. h. nicht 
wie im Reichsgebiet ein durch den Erwerb einer Gliedstaats- 
angehörigkeit vermittelter. Inhaltlich steht die in den Kolonien 
erlangte Reichsangehörigkeit derjenigen des Mutterlandes grund- 
sätzlich gleich; die Verwirklichung der in ihr enthaltenen Rechte
	        
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