112 Das deutsche Volk (die Staatsangehörigkeit).
2. Andrerseits wohnen viele Deutsche (ca. 3 Millionen) in
der Rechtsstellung als Fremde im Ausland; auch der dauernde
Aufenthalt in fremden Staaten bewirkt an sich nicht den Verlust
der deutschen Staats angehörigkeit (s. dazu jedoch unten S. 117 S. 4).
Selbstverständlich handelt es sich, dabei nicht um „Deutsche“ im
etlinographischen Sinne, die anderen Staaten angehören (Deutsch-
Gsterreicher, Deutsch-Russen, Deutsch-Schweizer); diesen gegenüber
besteht keine Derbindung staatsrechtlicher Art. Die Aus-
wanderungsfreiheit ist grundsätzlich anerkannt und nur
durch wenige, unten zu erwähnende Vorschriften eingeschränkt
(s. unten S. I17 S. 3. In den Kolonien dagegen besteht grund-
sätzlich für die Eingeborenen keine Auswanderungsfreiheit (s. oben
S. 100).
3. Dem deutschen Staatsvolk gehören verschiedene Be-
völkerungsteile an, die etlnographisch dem deutschen Dolke nicht
angebören: Holen, Dänen, Cittauer, Franzosen u. a. Teils sind
sie mebr und mehr im deutschen Volke aufgegangen, wie
Littauer, Masuren, Wenden; teils sind sie ziffermäßig von ge-
ringer Bedeutung, wie Dänen, Franzosen; eine erbhebliche tat-
sächliche Zedeutung haben nur die ca. 5 ½⅛ Millionen Dolen,
die in scharfem nationalen Gegensatz zum deutschen Dolke stehen;
trotz dieses scharfen Gegensatzes aber hat man den Holen die
vollen staatsbürgerlichen Rechte, besonders die Teilnahme an
den Darlamenten und Kommunalvertretungen, in keiner Weise
beschränkt, nur in neuester Seit die Ansiedelung mit Grundbesitz
erschwert. Sonst besteht keine Sonderstellung jener fremden
und fremdsprachigen Volksbestandteile im Rahmen des deutschen
Rechtes.
4. Sum deutschen Dolke gebören naturgemäß auch Frauen
und Kinder. Staatsbürger im vollen Sinne sind nur diejenigen
Staatsangehörigen, die das Recht der aktiven Teilnahme am
Staatsleben haben.
II. Im einfachen Einheitsstaat macht der Begriff der
Staatsangehörigkeit keine grundsätzlichen Schwierigkeiten. Anders
im Bundesstaate.
1. Bei Aufrichtung des deutschen Bundesstaates, d. i. 1867,
mußten mit zwingender Folgerung aus dem Staatsbegriff die
22 bisher vorhandenen selbständigen Staatsangehörigkeiten zu
einer staatsrechtlichen Einheit dahin zusammengefaßt werden:
daß kein Angehöriger eines deutschen Einzelstaates