Full text: Die Deutsche Reichsverfassung.

Das deutsche Volk (die Staatsangehörigkeit). 119 
Inhalt der sog. Grundrechte findet sich heute zerstreut in den 
verschiedensten Sondergesetzen, zJ. B. Hostgesetz 8 5 („Brief- 
geheimnis“) u. a. m.; einige der sog. Grundrechte sind über- 
haupt juristisch unbestimmbar. 
3. Es gibt nur ein wirkliches Grundrecht: das Recht 
des Staatsangehörigen auf seinen Staat. Wie der 
Staat von seinen Angekbörigen Treue, unter Umständen mit dem 
Opfer des Lebens, fordert, so muß andererseits der Staat seinen 
Angebörigen die Treue halten, indem er sie niemals aus- 
weisen und ebensowenig der Strafgerichtsbarkeit anderer 
Staaten ausliefern darf (RötchB. 8s# 0). In der Sondergesetz- 
gebung (Ges. v. I. RNov. 1867) ist dann dies Hrinzip zur sog. 
Freizügigkeit ausgestaltet worden, kraft deren jeder Deutsche 
überall im Reichsgebiet frei wohnen und sich aufhalten kann, 
ausgenommen nur, wenn gewisse straf oder armenrechtliche Tat- 
bestände vorliegen (§ 3—5 d. Ges.) 
4. Der Gehorsam der Staatsangehörigen gegen den Staat 
und dessen Organe ist kein absoluter, sondern immer in jedem 
Derhältnis beherrscht von Derfassung und Gesetz. Derfassungs- 
oder gesetzwidrigen Gehorsam braucht niemand zu leisten: das 
Beschwerderecht und weiterhin die in neuester Seit mit besonderer 
Sorgfalt ausgebildete Verwaltungsgerichtsbarkeit behufs juristischer 
Kontrolle der Derwaltungstätigkeit sichern den Schutz der Staats- 
angehörigen gegen rechtliche Übergriffe der Organe des Staates, 
besonders auf dem Gebiete der Holizei. 
Dagegen kann von einem „Recht“ des passiven Wider- 
standes gegen den Staat niemals gesprochen werden. Der 
Berrschermacht des Staates gegenüber besteht Gehsamspflicht; 
der Widerspruch gegen Anordnungen des Staates kann nur in 
den durch die ZRechtsordnung gezogenen Bahnen sich bewegen. 
Die Theorie vom „ZRecht“ des passiven Widerstandes löst die 
Staatsordnung auf:; Widerstand gegen den Staat ist juristisch 
immer Unrecht, selbst wenn darauf die Entwickelung der Mensch- 
Reit beruht (TChristentum, Reformation). 
5. In dem Zecht auf den Staat, das den lernpunkt der 
Staatsangehörigkeit bildet, liegt insbesondere auch das Recht 
auf Schutz im Auslande, gegenüber fremden Staaten. Dieses 
Recht ist durch die Reichsverfassung allen Deutschen in gleicher 
Weise zugesichert als eine von der Reichsgewalt übernommene 
Dflicht: „dem Auslande gegenüber haben alle Deutschen
	        
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