Das Reich kein Bund; sondern ein Staat. 41
gorien von Staatenbund gebe, jene laxere, die der alte deutsche
Bund darstellte, und diese straffere, die unser heutiges Reich,
ferner ebenso die heutige Eidgenossenschaft und die heutige
amerikanische Union repräsentieren. Auch in dieser strafferen
Form des Staatenbundes, meint Sevdel, sei aber das Bundes-
gesetz nur scheinbar ein Erzeugnis des eigenen Willens des
Zundes, der ja keinen eigenen Willen haben könne, da er nicht
Staat sei; in Wirklichkeit sei das Zundesgesetz doch immer nur
eine summarische Susammenfassung von Landesgesetzen der
Zundesglieder, die ausschließlich auf deren souveränem Willen
beruhten; durch diesen ihren souveränen Willen hätten sich eben
die Bundesglieder dahin beschränkt, selbst im Falle der Über-
stimmung sich dem Willen der Mehrhbeit zu unterwerfen und ihn
als Gesamtwillen anzuerkennen; und durch den gleichen souve-
ränen Willen hätten sie das summarische Verfahren der Ver—
kündigung von reichswegen im Reichsgesetzblatt angeordnet.
Alles aber führe im letzten Ende doch immer nur zurück auf
den souveränen Willen der Einzelstaaten und auf die Be-
schränkung, die sich die Einzelstaaten durch diesen ihren souve-
ränen Willen selbst auferlegt! hätten; das Reichsgesetz sei rechtlich
nichts anderes als ein 25 faches übereinstimmendes Landesgesetz,
und — so muß die Sepdelsche Theorie weiter folgern — wenn
Dreußen oder Bapern überstimmt ist, dann ergeht ein preußisches
oder bapverisches Gesetz doch durch den souveränen Willen von
Dreußen oder Bapvern, wenn auch in Wirklichkeit gegen diesen
souveränen Willen.
Daß diese ganze Konstruktion gegenüber dem einfachen tat-
sächlichen Dorgang, an dem die Einzelstaaten ja nicht beteiligt
sind, etwas überaus Gekünsteltes, ja Gezwungenes hat, wird
man schwerlich leugnen können. Und ob sie gegenüber dem
scharf zugespitzten Satze, daß die Reichsgesetze den Landesgesetzen
vorgehen, überhaupt logisch möglich ist, erscheint zweifelhaft.
Aber die Konstruktion und die in ihr liegende Revision des
Begriffes Staatenbund sei zugegeben.
8 17. Artikel 78 Abs. 1 der Reichsverfassung.
An einem anderen Hunkte aber scheitert der scharffinnige
Gedankenaufbau Seydels völlig und rettungslos.
Die Frage der Abgrenzung der Suständigkeit des Reiches
von derjenigen der Einzelstaaten ist bekanntlich durch die pofi-