Das Reich kein Zund, sondern ein Staat. 4
wort auf die hochwichtige Frage entbielt: ob das Reich in der
Lage sei, auf legalem Wege seine Suständigkeit noch über die
Grenzen des Art. 4 hinaus zu erweitern. Die Frage der
„Kompetenz-Lompetenz“ war aufgeworfen, und von Stunde zu
Stunde mehr erkannte man die ungeheeuer weittragende, geradezu
fundamentale Bedeutung dieser Frage. Warum der preußische
Entwurf hierüber nichts entki#olt, wissen wir nicht; man kann
sich kaum denken, daß man preußischerseits, daß ein Bismarck
diesen Dunkt übersehen habe.
Jetzt nahm ihn der jugendliche, aber damals schon Bervor-
ragende Abgeordnete Miquel auf und beantragte, unter Ab-
lehlnung des Antrages Sachariä folgenden Susatz zu Art. 4
der Derfassung einzufügen: „Der Bund ist befugt, im Wege der
Gesetzgebung auch solche Einrichtungen zu treffen und Maß-
regeln anzuordnen, welche auf andere als die im Artikel 4 be-
zeichneten Gegenstände sich beziehen, wenn diese im Gesamt-
interesse notwendig werden. Der Erlaß solcher Gesetze ist an
die für Derfassungsänderungen vorgeschriebenen Formen ge-
bunden.“
Die Nebeneinanderstellung der beiden Anträge ergibt voll-
kommen klar den prinzipiellen Gegensatz, der Bier ausgekämpft
wurde. Und der Schluß dieses großen Geisteskampfes war die
Annahme des Antrages Miquel, nur in anderer Fassung und
an anderer Stelle. Bei näherem Sindringen in die Frage er-
kannte man, daß es sich bei dieser Frage der „Kompetenz-
Kompetenz“ formell lediglich um eine Derfassungsänderung,
welche vom Reiche ausgestattet wird; g. das Eisenbahnwesen, in Bapern
vorbehaltlich der Bestimmung im Artikel 46, und die Herstellung von
Land- und Wasserstraßen im Interesse der Landesverteidigung und des
allgemeinen Derkehrs; 9. der Flößerei, und Schiffahrtsbetrieb auf den
mehreren Staaten gemeinsamen Wasserstraßen und der nstand der
letzteren, sowie die a. und sonstigen Wasserzölle; desgleichen die See-
schiffahrtszeichen (LTeuchtfener, Tonnen, Baken und sonstige Tagesmarken);
10. das Host. und Telegraphenwesen, jedoch in Bapern und Württemberg
nur na n der Zestimmung im Artikel 52; u. Bestimmungen
über die wechselseitige Dollstreckung von Erkenntnissen in Givilsachen und
Ellediamng von Regquisitionen überhaupt; 12. sowie über die Beglaubigung
van 5 ichen Urkunden; 15. die gemeinsame Gesetzgebung über das ge-
samte bürgerliche Recht, das Strafrecht und das gerichtliche Verfahren;
. das Militärwesen des Reichs und die MKriegsmarine; 15. Maßregeln
der Medizinal- und Deterinärpolizei; 16. die Bestimmungen über die Hresse
und das Dereinswesen.“ «