52 Die Organisation der Reichs-Staatsgewalt.
die Reichsregierung; das Reichkh ist also zwar keine
Monarchie, aber — allerdings mit der kleinen Anomalie
der drei republikanisch formierten freien Städte — eine
PDleonarchie.
Indem man diesen Gedanken zur Grundlage der Der-
fassung machte, war ein Moment gewonnen, das die Durch-
fülrung des. auch nach den preußischen Waffenerfolgen von
1866 immer noch unendlich schweren Einigungswerkes wesent-
lich erleichterte. Auf dieser staatsrechtlichen Grundlage nämlich
brauchte den Landesberren der Einzelstaaten auch nicht der
mindeste Derzicht auf ihre persönlichen Souveränitätsrechte zu-
gemutet zu werden. Wer mit den deutschen Dingen nur einiger-
maßen vertraut war, wußte, was dies zu bedeuten hatte. Nicht
als souveräne Träger ihrer Einzelstaatsgewalt, wohl
aber als Mitträger der Gesamtsouveränität des deut-
schen Mationalstaates behielten die Fürsten ihre ganze
staats= und völkerrechtliche persönliche Stellung als
Souveräne; kein Titelchen dieser Macht- und Shrenrechte
brauchte geopfert zu werden. Die Konstruktion der sogenannten
Staatsverbrechen in unserem Reichs-Strafgesetzbuch entspricht
allerdings dieser verfassungsmäßigen Grundlage unserer Zeichs-
Staatsgewalt nicht.
§ 20. Der Zundesrat.
Von diesem Gedanken aus ergab sich die Wotwendigkeit,
eine Form zu schaffen, in der die verbündeten Regierungen die
Reichsregierung ausübten. Im Erfurter Harlament war der
hierfür am nächsten liegende Gedanke zum Ausdruck gelangt:
daß ein Kollegium der Fürsten, ein Fürstenrat, für diese hob##
Aufgabe zu bilden sein werde.
Der große Schöpfer unserer Zeichsverfassung mit seinem
nüchtern klaren staatsmännischen Blick durchschaute die Un-
zuträglichkeiten, ja Gefahren dieses Vorschlages und nahm ihn
nicht in seinen Gedankengang auf, entschied sich vielmelr von
vorne herein für ein Dertretungsorgan, bei dem Schwierigkeiten
persönlicher Art ausgeschlossen waren. Dieser Gedanke empfahl
sich um so mehr, als in ihm eine zwar nicht staatsrechtliche,
aber tatsächliche Anknüpfung an die biskerigen Derkältnisse des
Frankfurter Zundestages, wie auch an die nach Berlin zur