Full text: Die Deutsche Reichsverfassung.

Die Organisation der Reichs-Staatsgewalt. 57 
In Angelegenheiten der sog. Zeservatrechte (s. oben S. 46) 
find diejenigen Bundesglieder von der Abstimmung ausgeschlossen, 
die in der zur Beschlußfassung stehenden Sache nicht unter der 
Reichsgesetzgebung stehen (Rb. Art. 7 Abs. 4)1). 
So ist der Bundesrat als das Dertretungsorgan des 
Trägers der RZeichssouveränität, der verbündeten Regierungen, 
zugleich Ausdruck des Staatscharakters des Reiches wie seiner 
fö derativen Ratur als eines Bundesstaates. Anfangs zwar bot 
der Bundesrat der Wissenschaft ein schwieriges Hroblem der 
juristischen Konstruktion. In der Hraxis aber bewährte er sich 
vollständig. Im Zundesrat liegt die Versöhnung des einzel- 
staatlichen mit dem Reichsgedanken. Die Einzelstaaten sind 
einer Sentralgewalt unterworfen, deren Träger sie 
selbst sind. Der Bundesrat ist das staatsrechtliche 
Organ, das die Einbeit der verbündeten Regierungen 
darstellt. 
§ 21. Das deutsche Kaisertum. 
Aber diesem Zundesstaatscharakter des Reiches mußte nach 
den tatsächlichen Machtverhältnissen und nach der ganzen 
universalhistorischen Entwickelung der deutschen Dinge ein 
Moment eingefügt werden, das den beiden anderen Bundes- 
staaten fehlt, die besondere Dorzugsstellung eines Bundesgliedes, 
die preußische Begemonie. Dies Ergebnis der großen Welt- 
geschichte mußte in der Derfassung staatsrechtlichen Ausdruck 
fsinden. Die norddeutsche Bundesverfassung hatte dies einge- 
kleidet in ein farbloses „Dräsidium“ des Bundes durch Hreußen, 
die Reichsverfassung hat es ohne Veränderung der Sache, auf 
Anregung des Königs von Bapern und anknüpfend an alte 
bhoke Traditionen der deutschen Geschichte, umgewandelt in ein 
neues deutsches Kaisertum (s. oben Seite 50f.). 
Richt um das erböhte Gewicht des Bundesgliedes Hreußen 
im Zundesrat handelt es sich hierbei, sondern um eine selb- 
ständige staatsrechtliche Konstruktion, allerdings im festen und 
dauernden, erblichen Anschluß an die Krone Dreußen (RD. Art. 11 
1) „Bei der Beschlußfassung über eine Angelegenheit, welche nach 
den - dieser Derfassung nicht dem ganzen Reiche gemein- 
schaftlich ist, werden die Stimmen nur derjenigen Bundesstaaten gezählt, 
welchen die Angelegenheit gemeinschaftlich ist.“
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.