Full text: Die Deutsche Reichsverfassung.

64 Die GOrganisation der Reichs-Staatsgewalt. 
im Anschluß daran bestimmt Art. 55 der Reichsverfassung über 
die deutsche Klotte, und auch hier sind die verfassungsmäßigen 
Grundzüge durch die Spezialgesetzgebung zu weiterer Durch- 
führung gelangt. 
Das ganze System des deutschen Militärrechtes beruht auf 
der altpreußischen Tradition der allgemeinen Wekrpflicht 
mit Ausschluß jeder Art von Stellvertretung (RUD. Art. 57) 0; 
zum Dienst in der Flotte wird die seemännische Bevölkerung 
herangezogen (R. Art. 55 Abs. 4) „). Alle wekrfähigen Deutschen 
sollen demgemäß, in der ZRegel vom vollendeten 20. Lebensjahre 
ab — bei freiwilligem Eintritt kann der Militärdienst schon mit 
vollendetem 17. Lebensjahr beginnen — dem Heere angehören, 
und diese Sugehörigkeit dauert grundsätzlich bis zum 45. Lebens- 
jahre; die Beeresdienstpflicht gliedert sich in diejenige im stehenden 
Beere (Flotte) und diejenige der Landwehr (Seewekr); erstere 
zerfällt wieder in die Dienstpflicht bei den Fahnen und in der 
Reserve. Die Dienstpflicht bei den Fahnen dauert bei Kavallerie 
und reitender Feldartillerie drei, bei allen übrigen Truppen zwei 
Jahre, dann folgt die vier- bezw. fünfjährige Dienstpflicht bei 
der Reserve, weiter die fünfjährige Oflicht zum Dienst in der 
Landwehr ersten, darauf bis zum 39. Lebensjahr in der Land- 
wehr zweiten Aufgebotes; hieran schließt sich bis zum 45. Lebens- 
jahr der Dienst im Landsturm (R#. Art. 50 in Fassung des 
Ges. v. II. Febr. 18908 u. v. 15. April 1005)7). 
Das Orinzip der allgemeinen Wehrpflicht ist jedoch modi- 
fiziert durch den Satz der Derfassung: daß die Friedenspräsenz- 
1) „Jeder Deutsche ist wehrpflichtig und kann sich in Ausllbung 
dieser 12 nicht vertreten lassen. 
!) „Die gesamte seemännische Bevölkerung der Reichs, einschließlich 
des Maschinenpersonals und der Schiffshandwerker, ist vom Dienste im 
Puanbe befreit, dagegen zum Dienste in der kaiserlichen Marine ver- 
pflichtet.“ 
2) „Jeder wehrfähige beutsche gehört sieben Jahre lang, in der 
Regel vom vollendeten zwanzigsten bis zum vollendeten achtundzwanzigsten 
Lebensjahre, dem stehenden Heere, die folgenden fünf Lebensjahre der 
Landwehr ersten Aufgebots und sodann bis zum öl. März desjenigen 
Kalenderjahres, in welchem das nennunddreißigste Lebensjahr vollendet 
wird, der Landwehr zweiten Aufgebots an. Während der Dauer der 
Dienstpflicht im stehenden Heere sind die Mannschaften der Kavallerie 
und der reitenden Feldartillerie die ersten drei, alle übrigen Mannschaften 
die ersten zwei Jahre zum ununterbrochenen Dienst bei den Fahnen ver- 
pflichtet.“
	        
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