Full text: Die Deutsche Reichsverfassung.

70 Die Grganisation der Reichs-Staatsgewall. 
Wenn nach der Derfassung dem laiser das Recht der Be- 
rufung, Eröffnung, Dertagung, Schließung — nicht der Auf- 
lösung! — auch gegenüber dem Bundesrate zusteht und zwar 
mit der Einschränkung, daß die Berufung erfolgen müsse, wenn 
sie von einem Drittel der Stimmenzahl verlangt wird), so sind 
diese Vorschriften in Wirklichkeit dadurch ganz gegenstandslos 
geworden, daß der Bundesrat schon seit Jahrzehnten ein per- 
manentes Regierungskolleginm geworden ist (s. oben S. 52 f). 
4. Der Kaiser leitet ferner die Geschäfte des 
Bundesrates durch den von ihm gänzlich frei er- 
nannten Reichskanzler (K. Art. 15).), der zugleich der 
oberste Minister des Reiches ist und als solcher die Anordnungen 
und Derfügungen des Kaisers gegenzeichnet, wodurch diese 
Regierungshandlungen rechtsgültig werden und der Reichs- 
kanzler für fie die konstitutionelle Derantwortlichkeit gegenüber 
dem Reichstage übernimmt (R. Art. 17 Satz 2) ). 
5. Auch alle übrigen Reichsbeamten werden vom 
Kaiser ernannt, teilweise allerdings unter Mitwirkung des 
Bundesrates, sie leisten dem Kaiser den Diensteid für das Reich 
und werden vom UHoiser, jedoch nur nach Maßgabe der näheren 
Dorschriften des Reichsbeamtengesetzes, entlassen (RD. Art 18)/). 
6. Der NRaiser hat ferner die etwa vom Bundesrat be- 
schlossene Reichsexekution gegen Bundesglieder, die ihre ver- 
fassungsmäßigen Bundespflichten nicht erfüllen, zu vollstrecken 
(RV. Art. 19)9). 
7. Der Kaiser hat weiter die Reichsgesetze auszu- 
fertigen und zu verkündigen (RV. Art. 17. Abs. 1)9. Dies 
ist verfassungsmäßige Oflicht des Kaisers, nachdem der Bundesrat 
den vom Zeichstag beschlossenen Gesetzen die Sanktion erteilt 
7½ S. oben S. 60 Mote 2 nu. 5. 
*) „Der Dorsitz im Bundesrate und die Keitung der Geschäfte steht 
dem Reichskanzler zu, welcher vom Ulaiser zu ernennen ist.“ 
„) „Die Anordnungen und Derfügungen des Kaisers werden im 
VNamen des Reichs erlassen und bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegen- 
zeichnung des Reichskanzlers, welcher dadurch die Vrrantwworllichhen 
übernimmt.“ 
1) „Der Uaiser ernennt die Reichsbeamten, läßt dieselben für das 
Reich vereidigen und verfägt. eeche Falles deren Entlassung.“ 
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Dem . und Derkündigung der Reichs- 
gesetze und die Überwachung der heflihrung derselben zu“ "6 *i
	        
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