78 Die Grganisation der Reichs-Staatsgewalt.
Genehmigung des Reichstages erforderlich; 35. jedes Straf.
verfahren sowie jede Untersuchungs= und Sivilhaft gegen ein
Mitglied muß auf Derlangen des Reichstages unterbrochen
werden (R. Art. 31)..
Nach der Derfassung war der Reichstag diätenlos; der ur-
sprüngliche Artikel 32 hatte den lapidaren Wortlaut: „Die
Mitglieder des Reichstags dürfen als solche keine Be-
soldung oder Entschädigung beziehen.“ I###n fand bei
Erlaß dieser Derfassungsbestimmung in ihr ein Gegengewicht
gegen die Gefaheren des allgemeinen direkten Wahlrechtes. Der
Reichstag selbst hatte von Anbeginn seines Daseins immer
Diäten gefordert. Der Bundesrat aber widerstrebte diesfer
Forderung bis zum Jahre 1006. Erst durch Ges. v. 21. Mai
1906 wurde der Artikel 32 aufgehoben und an seine Stelle
traten folgende Vorschriften: „Die Mitglieder des Reichstages
dürfen als solche keine Zesoldung beziehen. Sie erh alten
eine Entschädigung nach Maßgabe des Gesetzes.“
Dieses Gesetz erging unter dem gleichen Datum und bestimmte,
daß die Mitglieder des Reichstages a) freie Fahrt auf allen
deutschen Eisenbahnen für die Sitzungsperiode, also auch während
der Dertagung (s. oben), sowie acht Tage vor deren Beginn
und acht Tage nach deren Schluß haben; b) eine Jahres-Geld-
entschädigung von 3000 Ml. beziehen, zahlbar am 1. Dezember
mit 200, am 1. Januar mit 300, am I. Februar mit 400, am
1. März mit 500, am I1. April mit 600 und am Tage der
Vertagung oder Schließung des Reichstages mit 1000 Mr. (8 1).
Sugleich bestimmt aber § 2, um eine bessere Teilnahme der
Mitglieder des Reichstages an den Sitzungen zu sichern, daß für
jeden Tag, an dem ein Mitglied des Reichstages der Plenar-=
sitzung ferngeblieben ist, von der nächstfälligen Entschädigungs-
rate ein Betrag von 20 Mark abgezogen wird. Die Anwesen-
heit der Mitglieder in den DPlenarsitzungen wird durch An-
1) „Ohne Genehmigung des Reichstag kann kein Mitglied desselben.
während der Sitzungsperiode wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung
zur U gezogen oder verhastet werden, außer wenn es bei
Ausübung der Tat oder im Laufe des nächstfolgenden Cases ergri
wird. Gleiche Genehmigung ist bei einer. verhaftung wegen Schulden
erforderlich. Auf Verlangen des Reichstages wird jedes Strafverfahren
gegen ein Mitglied desselben und jede Untersuchungs- oder Sivilhaft für
die Dauer der Sitzungsperiode aufgehoben.“ 1