Full text: Die Deutsche Reichsverfassung.

Die Organisation der Roichs · Staatsgewalt. 
Auf dieser staatsrechtlichen Grundlage hat sich ein weit 
ausgedehntes System von Zeichszentralbehörden, die von ver- 
antwortlichen Staatssekretären geleitet werden, entwickelt, und 
auf dem Wege des Gewohnheitsrechtes ist dieses Gesetz zu sehr 
viel weiter ausgedebnter Anwendung gelangt, als dies nach 
seinem Wortlaute zulässig wäre. 
Sweige der „eigenen und unmittelbaren Verwaltung des 
Reiches“, auf welche das Gefetz ohne weiteres anwendbar war, 
sind nur: das Auswärtige, die Marine und das Host- und Tele- 
graphenwesen. Demgemäß wurden das Auswärtige Amt, 
das Reichs-Marineamt und das Reichs-Hostamt als oberste 
Behörden im Sinne jenes Gesetzes gestaltet und Staats- 
sekretäre als verantwortliche Stellvertreter des Reichs- 
kanzlers an ihre Spitze gestellt. Don jeder dieser Sentral= 
behörden ressortiert ein umfassender Organismus von eigenen 
Behörden des Reiches, vom Auswärtigen Amt alle Gesandt- 
schaften und Konfulate, vom Reichs-Marineamt alle auf die 
Marineverwaltung und den Schiffbau bizüglichen Behörden, vom 
Reichspostamt die &1 Oberpostdirektionen mit den zahlreichen 
diesen wieder unterstellten Host, und Telegraphenbehörden (ogl. 
Auswärtiges Amt: Handbuch d. D. Reiches 1007, S. 27— 167, 
Reichs-Marineamt: S. 240—290, ZReichspostamt S. 324—550). 
Obwohl nicht als eigene und unmittelbare Derwaltung des 
Reiches im strengen Sinne gestaltet, konnte auch das Finanz- 
wesen des Reiches doch immerhkin als ein selbständiger Sweig 
der Reichsverwaltung angesebben werden, und so wurde ohne 
Bedenken auch das Reichsschatzamt dem Spysteme des Gesetzes 
eingegliedert (ogl. Handbuch S. 505—317). Dagegen hat das 
sonstigen demselben durch die Verfassung und die Gesetze des Reichs über- 
tragenen Obliegenheiten können nach Maßgabe der folgenden Bestim- 
mungen durch Stellvertreter wahrgenommen werden, welche der Kaiser 
auf Antrag des Beichskanzlers in Fällen der Behinderung desselben er- 
nennt. — 8§ 2. Es kann ein Stellvertreter allgemein für den gesamten 
Umfang der Geschäfte und Obliegenheiten des Reichskanzlers ernannt 
werden. Auch können für diejenigen einzelnen Amtszweige, welche sich 
in der eigenen und unmittelbaren Derwaltung des RZeichs befinden, die 
orstände der dem Reichskanzler untergeordneten obersten Reichsbehörden 
mit der Stellvertretung desselben im ganzen Umfang oder in einzelnen 
Teilen ihres Geschäftskreises beauftragt werden.“ Der erste Satz von 
82, der die rechtliche Möglichkeit eines „Vizekanzlers“ gab, ist nach einem 
gofäuglichen Versuche gegenstandslos geworden.
	        
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