Il. Buch. Volterrecht. 71
mittel, Förderung christlicher Missionen, Anlegung militärischer Stationen, Verbot
der Einfuhr von Feuerwaffen und Munition, Bestrafung des Sklavenhandels usw.)
auf, beschäftigt sich sodann mit der Uberwachung der Karawanenwege und der Unter-
drückung der Sklaventransporte zu Lande, enthält eingehende Bestimmungen über die
Unterdrückung des Sklavenhandels zur See usw., sodann sind im fünften Kapitel Vor-
schriften über die Errichtung besonderer Bureaus für Freilassungsangelegenheiten und
über die Behandlung freigelassener Sklaven enthalten. Im Anschlusse daran sind im sechsten
Kapitel (Art. 90—95) Vorschriften getroffen über den Handel mit Spirituosen, der im
Interesse der Eingeborenen in einer festgesetzten Zone, die Zentralafrika vom 20. Grad
nördl. Breite bis zum 22. Grad südl. Breite und 200 Seemeilen an den Küsten umfaßt,
Beschränkungen unterworfen ist.
Die Kongoakte und die Brüsseler Generalakte sind dadurch veranlaßt worden, daß
in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts sich die Kolonisation der europäischen
Staaten vor allem Afrika zuwendete. Beide Vereinbarungen haben daher auch in der
Hauptsache Bedeutung für Afrika und die an Alrika beteiligten Kolonialmächte, gehen
aber, wie schon angedeutet, in ihrer Tragweite über ihren unmittelbaren Zweck hinaus.
Oie Friedenskonferenzen Eine noch größere Bedeutung für die gesamte völker-
von 1899 u. 1907. rechtliche Gemeinschaft haben die beiden Friedens-
konferenzen vom Jahre 1899 und 1907 und die auf
denselben gefaßten Beschlüsse, sowohl was die Zahl der Teilnehmer an diesen Konfe-
renzen, wie die auf denselben verhandelten Gegenstände betrifftt). Ebenso wie bei der
Kongokonferenz und bei der Antisklavereikonferenz handelte es sich bei den beiden
Friedenskonferenzen und der Londoner Seerechts-Konferenz vom JZahre 1908/090, die sich
an die Friedenskonferenz vom Jahre 1907 anschloß, um die Verhandlung und Beschluß-
fassung über Gegenstände, die nicht bloß einzelne Staaten, sondern die ganze Völker-
rechtsgemeinschaft angehen und daher nur auf Konferenzen, an der möglichst viele
Mitglieder der völkerrechtlichen Gemeinschaft beteiligt sind, geregelt werden können.
Die auf diesen Konferenzen wenigstens im Entwurfe, d. h. vorbehaltlich der Rati-
fikation, festgestellten Vereinbarungen erscheinen ferner als Versuche der Kodifikation
einzelner Materien des Völkerrechts, wie des Land- und Seekriegsrechts und der für die
Beilegung internationaler Streitigkeiten auf gütlichem Wege, namentlich durch schieds-
gerichtliche Entscheidung festzustellenden Normen.
Es zeigt sich gerade bei den Beschlüssen dieser Konferenzen, daß die rechtssetzenden
Vereinbarungen in der Tat geeignet sind, wenigstens bis zu einem gewissen Grade, die
im Völkerrechte fehlende Gesetzgebung zu ersetzen.
1) Menurer, Die Haager Friedenskonferenz, 2 Bde. 1905 und 1907. — Scott, The Hague Peace
Contferences 1899 and 1907, 2 Bde., 1909. — Stengel, Die Haager Friedenskonferenz und das Völker-
recht, Arch. f. öff. Recht, Bd. XV., S. 139ff. — Philipp Zorn, Das völkerrechtliche Werk der beiden Haager
Friedenskonferenzen. Zeitschr. f. Politik, Bd. II, S. 551ff. — Derselbe, Die zweite Haager Friedens-
konferenz. Marinerundschau, 18. Jahrg., 11. Heft, S. 1251ff. — A. H. Fried, Die zweite Friedenskonferenz
1907. — ARlppold, Die zweite Haager Friedenskonferenz 1908. — Ullmann, Die Haager Konferenz von
1899 und die Weiterbilbung des Völkerrechts. Jahrbuch des öff. Rechts, Bd. I, S. 82ff.
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