Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Zweiter Band. (2)

  
84 Bergbau und Hüttenwesen. VI. Buch. 
  
Verfahren können ebenso wie beim Hoeschverfahren große Mengen von Roheisen in 
flüssigem Zustande zur Verarbeitung gelangen, wodurch die Erzeugungsfähigkeit und 
Wirtschaftlichkeit des Verfahrens eine beträchtliche Steigerung erfährt. Heute arbeiten 
etwa 12 Werke nach dem sog. Roheisenerzverfahren. Um die ungefähr 30% betragenden 
Wärmeverluste durch die Abgase des Martinofens zu vermindern, wurde auf der Hütte 
Phönix nach dem Vorbilde des Puddelofens die Wärme der Abgase zur Dampferzeugung 
ausgenutzt. 
Die Erzeugung im Martinofen hat in den letzten 25 Zahren um etwa den zwanzig- 
fachen Betrag zugenommen, es hat also dieser Prozeß die stärkste Produktionssteigerung 
aufzuweisen. Der prozentuale Anteil des Martinflußeisens an der gesamten Flußeisen- 
produktion belief sich im Fahre 1887 auf noch nicht 23% , er hat sich heute auf 370% ge- 
hoben, und im Jahre 1912 stellte sich die Gesamtmenge der Erzeugung auf 6,8 Millionen 
Tonnen. Hiervon wurden nur 2,8% im sauer zugestellten Ofen erschmolzen. 
Harstellung des Stahles Auf diesem Gebiete sind durch Umsetzung der elektrischen 
imElektrostahlofen. Energie in Wärme in geeignet konftruierten Ofen in 
den letzten 7 JZahren große Fortschritte erzielt worden. 
Die Ofensysteme, welche hauptsächlich in Anwendung kommen, sind der im Jahre 1906 
von dem Stahlwerk Lindenberg in Remscheid von Frankreich übernommene Héroultofen, 
der ebenfalls in Frankreich erfundene Girodofen, sowie der Ofen von Stassano, der aus 
Ztalien stammt. Ofen deutscher Konstruktion sind die von Röchling-Rodenhauser und 
der Nathusiusofen. Als Einsatz wird meist flüssiges, im Martinofen oder in der Birne 
vorgefrischtes Material verwendet, das im elektrischen Ofen einer weitgehenden Reinigung 
unterzogen werden kann. Es wird auf diesem Wege hauptsächlich Qualitätsmaterial er- 
zeugt, worunter sich häufig hochwertige Sonderstähle befinden. In Deutschland und Luxem- 
burg waren im Jahre 1912 auf 15 Werken Elektrostahlöfen in Betrieb mit einer Er- 
zeugung von 74177 Tonnen. 
  
  
Zink. Die Vorräte an Galmei, der in früheren Zahren das Rohmaterial für die 
Zinkdarstellung lieferte, reichten für die bedeutend vermehrte Zinkproduktion 
nicht mehr aus, weshalb in immer größer werdenden Mengen Zinkblende zur Ver- 
hüttung herangezogen werden mußte. Hierbei sind jedoch umfangreiche Vorbereitungs- 
arbeiten für den Destillationsprozeß erforderlich, so daß sich die Fortschritte in den letzten 
25 Jahren hauptsächlich auf die Ausgestaltung dieser Vorbereitungsarbeiten erstreckten. 
Sie bestehen in einer ziemlich weitgehenden Zerkleinerung der Erze, in der Auf- 
bereitung armer Erze, sowie namentlich in der Röstung derselben. Zur Zerkleinerung 
werden Steinbrecher und Walzwerke verwendet. Die Aufbereitung ist durch Einführung 
der Linkenbachschen Rundherde, der magnetischen und elektrostatischen Trennung, sowie 
durch das Flotationsverfahren vervollkommnet worden. Als Röstöfen kamen in Deutsch- 
land der Eichhorn-Liebig-Ofen, der Ofen von Hasenclever und der Savelsbergofen in 
Anwendung, während sich mechanische Köstöfen als Ersatz für die Fortschauflungsöfen 
in Deutschland nicht einbürgerten. In der Kondensation der schwefligen Säure aus den 
  
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