Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Zweiter Band. (2)

  
VI. Buch. Die Elektrizitäts-Industrie. 123 
  
wünschen. Wie sich die Entwicklung in dieser Beziehung gestaltet hat, zeigen nach- 
stehende Zahlen: 
Es wurden versorgt Gebiete mit 
1896 ca. 8 Mill. Einwohner 
1902 9 17 95 15 
1907 „ 25 „ „ 
1911 „ 40 „ „ 
In den Elektrizitätswerken Deutschlands ist naturgemäß ein sehr beträchtliches 
Kapital festgelegt. Nach Schätzung von Dr. Siegel) beträgt dasselbe zurzeit ungefähr 
2150 Mill. Mark, wovon etwa 25% auf Grundstücke und Gebäude, 30 % auf Antriebs- 
maschinen und Zubehör und etwa 47 % auf Verteilungsnetze, Transformatoren, Zähler 
und Sonstiges entfällt. Im Betriebe dieser Werke wird heute schon ein Betrag von mehr als 
50 Mill. Mark für Gehälter und Löhne ausgezahlt, und mindestens 40 Mill. Mark werden 
für Kohlen verbraucht. 
Oie Elektrizitätswerke sind teils von privater Seite, teils von städtischen oder staat- 
lichen Behörden erbaut worden. Der Zahl nach dürften ungefähr ⅜ sich im Privatbesitz 
und etwa ½ im Besitz von Städten und des Staates befinden. Die deutschen Elektrizi- 
tätswerke werden zurzeit eine jährliche Erzeugung von ungefähr 1 500 000 kW besitzen 
und jährlich etwa 2000 Mill. kW.-Stunden erzeugen. Davon werden etwa 800 Mill. 
kW-Stunden für Licht verbraucht, während der Rest Kraftzwecken dient. 
Der Verkaufswert der von den öffentlichen Werken abgegebenen Elektrizität be- 
trägt ungefähr 350 Mill. Mark im Jahre, von denen etwa 235 Mill. auf Licht und 115 
Mill. auf Kraft entfallen. Die mittlere Rentabilität der Werke kann zu etwa 9% ange- 
nommen werden. 
Die Entwicklung der Elektrizitätswerke geht immer mehr dahin, die vielen kleinen An- 
lagen durch wenige große zu ersetzen. Es werden heut schon viele große Gebiete einheitlich 
von einer Station aus versorgt; z. B. hat die Uberlandzentrale Gröba über 850 Orte 
angeschlossen. Es gibt noch eine große Anzahl anderer bedeutender Aüberlandzentralen, 
welche mehrere hundert Orte von einer Stelle aus versorgen. Die Gebiete, welche von 
einem Werk aus gespeist werden, dehnen sich immer mehr aus, und die darin bereits vor- 
handenen lleinen Anlagen werden stillgesetzt und zu Unterstationen gemacht. So strebt 
alles immer mehr nach einer einheitlichen Versorgung Deutschlands von 
wenigen großen Kraftwerken aus. Diese Entwicklung ist zu begrüßen, weil es da- 
durch möglich ist, die elektrische Energie immer billiger zur Verfügung der Abnehmer zu 
stellen. Bon den Großkraftwerken kann die Elektrizität wesentlich billiger hergestellt 
werden als in vielen kleinen Werken. Ganz besonders ist dies der Fall, wenn Wasserkräfte, 
Kohlengruben, Torflager, Gichtgase und Ahnliches ausgenutzt werden können. Es wird 
der Transport der Brennmaterialien durch Bahnen oder Wagen vermieden und auf 
elektrischem Wege bewerkstelligt. Durch diese Entwicklung und Zusammenfassung von 
Betrieben ist es schon bisher möglich gewesen, die Verkaufspreise für Elektrizität be- 
1) Technik und Wirtschaft 1913, Zeft III u. IV. 
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