VI. Buch. Textilindustrie. 155
deutend mehr Meterwaren herzustellen, als wenn die Seide nicht erschwert ist. Oadurch
stellt sich denn auch der Verkaufspreis der Seidenstoffe wesentlich billiger, denn die
Erschwerung ist im Verhältnis zur Seide sehr billig. Das große Publikum ist in der
Lage, die billigeren Seidenstoffe zu kaufen, wodurch Weberei und Färberei wieder
reichliche Produktionsgelegenheit bekommen. Man kann also wohl behaupten, daß das
Erschweren der Seide erheblich zur Hebung und Förderung der gesamten Seiden-
industrie beigetragen hat.
Uber die Bedeutung der deutschen Farbstoffindustrie geben folgende Zahlen Auf-
schluß. Der Wert der Jahresproduktion wird auf 250 Millionen M. geschätzt. Etwa
u¼ biervon bleibt in Deutschland, / gehen ins Ausland. Es gibt in Deutschland etwa
15 Teerfarbenfabriken mit gegen 1000 Chemikern und 25 000 Arbeitern. Einige dieser
Fabriken sind Riesenunternehmungen mit je 36 Millionen M. nominellem Aktienkapital.
Mit der Verbesserung des Farbprozesses hat auch die Verbesserung der Färbe-
apparate Schritt gehalten. Es sei besonders auf die Erfolge hingewiesen, die bei dem
Färben von Garnen in aufgewickeltem Zustande erzielt worden sind.
Neuerungen auf den verschiedenen Aisht minder wichtig wie die besprochenen
Arbeitsgebieten. Fortschritte, die die ganze Textilindustrie
beeinflußt haben, sind die vielen Ver-
besserungen und Neuerungen bei den einzelnen Arbeitsmaschinen und Ar-
beitsverfahren. Die Bestrebungen gehen dahin, die Produktion zu erhöhen, das
Material zu schonen, die Abfälle, namentlich bei teuren Materialien zu verwerten und
durch Einführung neuer Spezialmaschinen an Arbeitskräften zu sparen. Hand in
Hand laufen damit die Bemühungen, die Arbeiter vor Unfällen an den Arbeits-
maschinen durch Sicherheitsvorkehrungen zu schützen und die Arbeitsräume durch sani-
täre Einrichtungen zu verbessern. Auch ist das Bestreben unverkennbar, bei Neu-
einrichtung von Fabriken dem Schönheitssinn durch Berücksichtigung der Forderungen
der modernen Architektur Rechnung zu tragen. Elektrischer Antrieb bürgert sich mehr
und mehr ein und läßt die unschönen, die Ubersichtlichkeit des Betriebes störenden
und zu Unsauberkeiten leicht Veranlassung gebenden Transmissionen verschwinden.
Aus den einzelnen, im folgenden betrachteten Arbeitsgebieten können nur die wichtig-
sten Neuerungen berücksichtigt werden.
Baumwollindustrie. Zn der Baumwollspinnerei haben die Mischmaschinen,
die ihnen verwandten Kastenspeiser und die pneumatischen
Vorrichtungen, die das beim VBerpacken an der Gewinnungsstelle stark zusammen-
gepreßte Material in Einzelflocken auflösen und in die Mischungsstöcke befördern,
zur Verbilligung und Verbesserung des ersten Arbeitsvorganges in der Fabrik bei-
getragen. A#berhaupt sind die Beförderungsvorrichtungen für das Material von Ma-
schine zu Maschine wesentlich geändert worden, was durch zweckentsprechende An-
ordnung der Offner und Schlagmaschinen ermöglicht wurde. Ourch diese Vorkehrungen
und die Bakuumentstaubung, die Staub und Materialflug unmittelbar von den Ma-
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