Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Zweiter Band. (2)

  
166 Steine und Erden. VI. Buch. 
  
gegen alle Gefahren dadurch, daß man sie zwischen zwei Glasplatten legt oder sie auf 
einer Glasplatte mittels Kanadabalsams festkittet. 
Da die Natur den Marmor nicht durchgängig so geschaffen hat, wie ihn der Ab- 
nehmer gern haben möchte, hilft der Fabrikant nach und verbessert die Natur. In dem 
Gesteine lassen sich nämlich tiefgehende, mehrfarbige Aderungen dadurch hervorrufen, 
daß man es erst in eine ammoniakalische Metallsalzlösung und darauf in eine wässerige 
AUkalisalzlösung einführt. Die Anwendung von Bakuum und Druck befördert den Prozeß, 
denn sie legt die feinsten Ritze im Marmor für den Eintritt der Flüssigkeiten frei. Da 
das Durchdringungsvermögen der beiden Arten von Lösungen ein verschiedenes ist, 
bilden sich nur an einzelnen Stellen Umsetzungen zwischen beiden. An den anderen 
Stellen bleibt die Metallsalzlösung unbeeinflußt. Nach dem Entweichen des Ammoniaks 
fallen aus ihnen färbende Oxyyde aus. So entsteht eine vielfarbige Marmorierung und 
Aderung. Neben zwei Hauptfarben treten verschiedene Mischfarben und Mitteltöne auf. 
Oxalsaure und schwefelsaure Salze sind bei dem Verfahren natürlich auszuschließen, 
weil sie den Marmor angreifen und schädliche Niederschläge erzeugen. 
Sandstein, Kalkstein, Das zahlreiche Borkommen guter Sandsteine in Deutsch- 
Schlefer. land ist bekannt. 
— ÔÊ — Die entwickelte chemische Industrie Deutschlands, die 
größte der Welt, verarbeitet in ihren Werken ungeheure Mengen Kalksteins, der in 
zahlreichen Brüchen aufgeschlossen ist. Bon dem großen Kalksteinvorrat zehrt auch die 
Kalk- und Zementindustrie. 
Schieferbrüche liefern Dach- und Schreibtafelschiefer ersten Nanges. Auch zu 
weiteren Bauzwecken, z. B. zur Bekleidung von Wänden werden Schieferplatten er- 
beblicher Ausdehnung durch Zersägen, Schleifen und Polieren gewonnen. 
  
Bei dem, was die Natur bietet, darf nicht vergessen werden, daß die 
neuere Zeit uns einen sehr edlen Stein geschenkt hat, den Diamanten 
Deutsch-Südwestafrikas. Wer meint, daß die Welt auch ohne Diamanten auskommen kann, 
befindet sich in grobem Irrtum. Der Schmuck kann freilich entbehrt werden. Aber in der 
Technik spielt der Diamant eine hervorragende Rolle. Zum Zerschneiden und Zersägen 
harter Gesteine braucht man stählerne Sägeblätter, die mit Diamanten besetzt sind. Der 
Bergmann stößt oder dreht vielmehr Bohrlöcher in die Erde mit Hilfe von Rohren, die 
unten eine Bohrkrone von Diamanten tragen. ODas tiefste Bohrloch der Erde — 2240 Meter 
tief — bei Rybnick in Oberschlesien ist so mit Hilfe von Diamanten erst vor wenigen 
Jahren erbohrt worden. Es ist ein Meisterstück der Technik und gereicht dem Unternehmer, 
dem Preußischen Bergfiskus, zur höchsten Ehre. Die beim Bohren gewonnenen Bohr- 
kerne haben den Beweis erbracht, daß dort in Oberschlesien über 60 abbauwürdige Kohlen- 
flöze in einer Gesamtmächtigkeit von 118 Metern und zwar noch bei 2000 Meter Tiefe 
lagern, fürwahr eine freudige Botschaft für Oberschlesiens Zukunft. Ferner werden 
die spinnfadenfeinen Drähte der Wolframglühlampen, aber auch andere Drähte mit 
Hilfe durchlochter Diamanten gezogen. Ein gleich gutes Ersatzmaterial ist kaum vor- 
handen. Der Diamant ist also ein wertvoller Arbeitsgehilfe des Menschen, und wir 
Diamanten. 
  
614
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.