VI. Buch. Steine und Erden. 167
müssen uns freuen, daß unsere Kolonie ihn uns geschenkt hat. Bereits sind tüchtige
Männer daran, das bisherige umständliche und nicht zuverlässige Diamantenauslese--
verfahren durch die Arbeit von Aufbereitungsmaschinen zu ersetzen. Dann werden selbst
die feinsten Diamantteilchen nicht mehr verloren gehen.
Künstliche Nubine. Es sei bier auch erwähnt, daß aus Rohstoffen, die deutsches
Land liefert, andere Edelsteine, mit denen die Natur uns
wenig bedacht hat, künstlich durch Schmelzprozesse erzeugt werden. Weit über Deutsch--
lands Grenzen hinaus sind die künstlichen Rubine und Saphire bekannt, welche die
Bitterfelder Fabrik der Deutschen Edelsteingesellschaft liefert. In Farbe, Glanz und
Größe gleichen sie den echten Steinen. Ein Unterschied besteht nur im Preise. ODie
Natur fabriziert billiger, aber das Sucherlohn ist so hoch, daß es die Bitterfelder Ge-
stehungskosten um ein Vielfaches Übersteigt. Auch diese gleißenden Rubine und Saphire
sind nicht allein des Schmuckes wegen da. Die Uhrmacherkunst bedient sich ihrer in
Millionen von Karat zur Herstellung von Zapfenlagern.
Kalksandstein. Wo nicht feste Bausteine anstehen, sondern Mineraltrümmer, be-
darf es der Konglomerierung, damit sie feste Körper ergeben.
Des Oeutschen Reiches Streusandbüchse, die Mark Brandenburg, ist das Mutterland
einer wertvollen Erfindung, nämlich des Kalksandsteins. Des Erfinders Dr. Wichaelis
sei hier ehrend gedacht. Ein Gemenge von Sand mit wenig Kalk wird zu Steinen ge-
preßt und dann in Härtekesseln der Einwirkung hochgespannter Wasserdämpfe ausgesetzt.
Dadurch findet in der Steinmasse eine Umsetzung statt: ein Teil der im Sand reich-
lich vorhandenen Kieselsäure geht in den löslichen Zustand über, und dieser Teil ver-
einigt sich mit dem beigemischten Kalk zu einer unlöslichen festen Verbindung, die dort,
wo sie sich bildet, die umliegenden Sandkörner fest verkittet. Der Kalkzusatz zum Sand
beträgt etwa 10 Prozent. Durch die Einwirkung des Wasserdampfes treten nur etwa
2 bis 3 Prozent in die Verbindung des kieselsauren Kalkes ein, die schon genügen, harte
Steine zu ergeben. Der Rest des Kalkes bleibt zunächst als abgelöschter Kalk im Stein
bestehen. Er zieht mit der Zeit Kohlensäure ein und macht den Stein dadurch immer
fester, abweichend von den Ziegelsteinen, die ihre einmal im Feuer erhaltene Festigkeit
nicht mehr zu vermehren vermögen. Die Befürchtungen, die man anfangs gegen die
Verwendung von Kalksandsteinen hegte, sind also grundlos gewesen. Freilich hat erst
die Not für die Einführung des Kalksandsteins in das Baugewerbe gesorgt. Als ein im
Frühjahr 1903 plötzlich eingetretener Frost ungeheure Mengen im Freien liegender
roher Ziegelsteine zum Zerfrieren brachte, die rege Bautätigkeit aber Material brauchte,
war der Bann gebrochen. Der Kalksandstein wurde eingeführt und hat sich seitdem
dauernd behauptet. Znteressant ist, daß der Sand, der heute noch im Sandhügel von
Niederlehme bei Königswusterhausen ansteht und zur Fabrik gefahren wird, schon am
nächsten Morgen im Hafen von Berlin abgeladen und auf den Bau gefahren wird. Der
schnelle Gang der Fabrikation schafft den Zieglern, die ihre Waren mühsam trocknen und
brennen müssen, einen gefährlichen Wettbewerb.
So ist der vielgeschmähte Sand der Mark zu Ehren gekommen, und der Lehm hat
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