Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Zweiter Band. (2)

  
168 Steine und Erden. VI. Buch. 
  
nichts mehr vor ihm voraus. Auch die Natur vermag Sandkörner zusammenzukitten, 
wie uns das die Geologie z. B. bei der Entstehung der Sandsteine lehrt. Die vom Wasser 
zerkleinerten und zerriebenen Bruchstücke älterer Formationen haben früher ebenso 
lose zusammengelegen wie heute unser Sand. Dann hat dieselbe Mutter Natur, welche 
die Gesteinsmassen zerstört hatte, die einzelnen Körnchen durch kalkige, kieselige oder 
eisenschüssige Zemente, die aus Mineralien durch Wasser gelöst in die Sandmassen ein- 
drangen, wieder aneinander gekittet und so Sandsteinbänke von vielen hundert Metern 
Mächtigkeit geschaffen. Aber dazu waren ungeheure Zeiträume notwendig, mit denen 
Dr. Michaelis natürlich nicht rechnen konnte, aber auch nicht brauchte. Wer bisher auf 
der Straße achtlos und vielleicht geringschätzig an den mit Kalksandsteinen beladenen 
Wagen vorbeigegangen ist, möge sich erinnern, welche große Tat hier vollbracht wurde. 
Albest-Zement. Von großer Bedeutung ist auch das Verfahren geworden, Asbest- 
Zementkunststeinmassen auf der Papier- oder Pappenmaschine 
zu verarbeiten. Das Gemenge von Asbest und Zement wird zunächst im Holländer 
mit großen Mengen Wasser durchgearbeitet und dann auf eine gewöhnliche Papier- 
oder Pappenmaschine geleitet. Die Befürchtung, daß das hoydraulische Bindemittel 
durch die Menge Wassers seine Bindefähigkeit verlieren würde, hat sich nicht bestätigt. 
Die gewonnenen pappeartigen Platten werden einem hohen Druck in hydraulischen Pressen 
und der Lagerung unterworfen, damit sie erhärten. Sie sind nicht viel stärker als ge- 
wöhnliche Tafeln aus Papiermasse. Wegen ihres gefälligen Ansehens erfreuen sie sich 
großer Beliebtheit als Dachdeckmaterial sowie als Wandbekleidungsmaterial für Baracken, 
wobei sie gegen Kälte und Hitze guten Schutz gewähren. Der Bau leichter Häuser in den 
Kolonien ist durch den Gebrauch dieser Platten sehr gefördert worden. 
Nach derselben Methode umhüllt man eiserne oder hölzerne Säulen und Träger 
mit einer feuersichern Asbest--Zementschicht. Die von der Pappenmaschine kommende 
Stoffbahn wird auf die Säule oder den Träger mehrfach aufgewickelt, bis die Schicht 
dick genug ist. Die Bekleidung ist sehr fest, nicht spröde, von geringer Wärmeleitungs- 
fähigkeit, wasserundurchlässig, unverbrennbar und dabei von leichtem Gewicht. Ist die 
Säule, welche umhüllt werden soll, länger als die Stoffbahn, dann bringt man sie mit 
einem geeigneten Getriebe in Verbindung, das sie während des Aufwickelns quer zur 
Bewegungerichtung der Stoffbahn langsam verschiebt. Die Stoffbahn wird dann 
schraubenförmig aufgewickelt. Es ist klar, daß man auf diese Weise Körper von be- 
liebiger Länge verkleiden kann. Die Kernkörper gehen während der Bekleidung hin 
und her, damit sich die Stoffbahn kreuz und quer auflegt, was ihre Haltbarkeit ver- 
mehrt. So lassen sich Kernkörper bewickeln, die einen kreisförmigen oder polpgonalen 
Querschnitt haben. Sind Säulen aus I—-Eisen zu umhüllen, dann bringt man die Stoff- 
bahn zunächst auf einen Kernkörper von kreisförmigem Querschnitt und entsprechendem 
Ourchmesser, entfernt den Kern vor der völligen Erhärtung der aufgewickelten Schicht 
und setzt das I.Eisen ein, worauf man den Umhüllungskörper unter Druck aufpreßt. 
  
Künstlicher Marmor. Andere künstliche Steinmassen spielen bei der Nachahmung 
künstlichen Marmors eine wichtige Rolle. Die Fabrika- 
  
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