Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Zweiter Band. (2)

  
VI. Buch. Steine und Erden. 175 
  
lischen Glanz besitzen und das Aussehen von Eisblumen zeigen. Man erhält sie, wenn 
man Elasurmasse mit Titansäure, titansauren Salzen oder Zinksilikat versetzt. IZm 
Brande lösen sich diese Stoffe in der flüssigen Glasur und scheiden sich beim Erkalten 
aus der übersättigten Lösung als Kristalle aus, genau so, wie sich Kristalle aus über- 
sättigten Lösungen von Alaun im Wasser bilden. 
In edlem Wetteifer zu der Preußischen steht die Königlich 
Sächsische Porzellanmanufaktur zu Meißen, deren 
Fabrikate ebenso vornehm und berühmt sind. Auch die Privatporzellanindustrie Deutsch- 
lands erfreut sich eines hohen Ansehens. Neben den vielseitigen Geschirren für den 
Gebrauch in Haus und Induftrie stellt die Fabrikation von Isolatoren einen hohen 
Anteil der Produktion dar. Oie vielseitige Schaffung von Uberlandzentralenhat den 
Markt der IZsolatoren ganz bedeutend gehoben. 
Mit großem Stolze darf die Porzellanindustrie auf ihre Leistungen zurürckblicken. 
Der Porzellanteller, der vor Zahren wie ein Luxusartikel nur auf den Tafeln der besser 
Situierten prangte, ziert jetzt auch den Tisch des einfachen Mannes. Deutscher Tat- 
kraft ist es gelungen, den Fabrikbetrieb so auszugestalten, daß der Preis der Erzeugnisse 
sich in bescheidenen Grenzen hält. Dabei ernährt diese Zndustrie Tausende von Menschen. 
Neben dem Porzellan ist die Fabrikation des ihm verwandten Steingute in steigen- 
der Entwicklung begriffen. Es ist interessant, daß im Westen Deutschlands eine Anzahl 
mächtiger Steingutfabriken sitzen, die die Hauptmasse ihrer Rohstoffe aus der Ferne, 
zum Teil aus dem Auslande beziehen. Die Gestehungskosten werden dadurch beein- 
flußt. Aber die Berechtigung dieser Industrie an jenen Orten ist wohl begründet. Denn 
dort wohnt ein Stamm tüchtiger Fabrikanten und Arbeiter, welche durch ihren Fleiß 
die Unkosten des Transports wieder wettmachen. 
Meißner Porzellan. 
  
Steingut. Der wachsende Wohlstand deuncher Lande gibt einem anderen Zweige 
— der Keramik, der Steinzeugindustrie, reiche Beschäftigung. Denn 
dieser Zweig schafft vorzügliche Röhren für die Kanalisation der Städte, die deswegen 
den Vorzug vor anderen Nöhren verdienen, weil sie von den in ihnen fortgeleiteten 
Stoffen nicht angegriffen werden. Solche Röhren müssen durchaus dicht sein. Des- 
wegen erhalten sie eine Glasur, und zwar auf sehr interessante Weise. Wenn der 
Brennofen gegen Ende des Brandes seine höchste Temperatur erreicht hat, wirft man 
in das Feuer eine bestimmte Menge gewöhnlichen Kochsalzes und schließt rasch den 
Schornstein und alle Luftlöcher. Das Kochsalz zersetzt sich unter Mitwirkung des in den 
Verbrennungsprodukten der Kohle vorhandenen Wasserdampfes in Natron und Salz- 
säure, die beide alsbald den Ofenraum erfüllen. Das Natron verbindet sich mit den 
Bestandteilen des Scherbens zu einer Glasur auf der Oberfläche der Steinzeugrohre, 
und die Salzsäure entweicht später ins Freie. 
Oie Dichtheit und Widerstandsfähigkeit des Steinzeugs gegen chemische Angriffe 
bhaben ihm neue weitgehende Anwendung in der chemischen Großindustrie verschafft. 
In mehreren sehr bekannten Fabriken werden bewährte Geräte für die Darstellung 
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