.VI. Buch. Steine und Erden. 177
Erzeugnisse ausgestellt. Die Ahnlichkeit ist frappierend. Kenner finden allerdings Unter-
schiede heraus. Aber das kann nicht das Bestreben der keramischen Industrie sein, daß
sie jetzt die antiken Sigillaten, die Urnen, Teller und Vasen sklavisch nachahmt. Für
Sefäße dieser Art besitzen wir ein viel schöneres und geeigneteres Material in dem Por-
zellan und Steingut, die beide den Alten noch nicht zu Gebote standen. Dagegen haben
sich andere Zweige der Fischerschen Arbeitsweise bemächtigt, nämlich die Platten- und
Dachziegelfabrikation. Es ist wohl nicht bestritten, daß die glasierten Dachziegel un-
angenehm ins Auge fallen, ja blenden, wenn die Sonne auf sie fällt, und den Beschauer
zwingen, seine Blicke, und sei es von einer noch so schönen Architektur, abzuwenden.
Andrerseits verlangt der poröse Scherben der Hachziegel aus anderen Gründen Ab-
dichtung durch einen Uberzug. ODafür ist nun ein Uberzug nach Art der Fischerschen
Sigillatawaren außerordentlich geeignet. Denn der matte Sigillataglanz gibt ein er-
freuliches mildes Bild. Auf die Farbe Rot sind diese Uberzüge nicht beschränkt. Auch
Grün, Blau, Braun können gewählt werden, die alle geläufige Farben der keramischen
Palette sind. Die Dachziegel und Platten werden ebenso wie die anderen Waren en-
gobiert und dann noch roh mit Lappen oder Watte poliert.
Von hoher Wichtigkeit für die keramische Industrie sind die sogenannten
Segerkegel geworden, Pyroskope, nach denen man die Brenntem-
peratur im Ofen beobachtet. Sie führen ihren Namen von ihrem eigentlichen Autor, dem
schon rühmend erwähnten Vorsteher der Versuchsanstalt bei der Königlichen Porzellan-
manufaktur zu Berlin Professor Seger. Oiese Kegel oder richtiger abgestumpften, drei-
seitigen Ppramiden sind aus wechselnden Mengen Feldspat, kohlensaurem Kalk, Quarz und
Kaolin hergestellt, und die Mischungsverhältnisse so gewählt, daß die niederschmelzenden
Kegel selbst feine Temperaturunterschiede anzeigen. Man hatte sich früher zum gleichen
Siele niederschmelzender Metalle oder Legierungen bedient. Auch sie zeigen gewisse Gren-
zen an. Im keramischen Betriebe kommt es aber darauf an, auch die Zeit zu bestimmen,
während welcher die Hitze anhält, und da hier durch das Anhalten einer niedrigeren Tem-
peratur dasselbe erreicht wird, was eine kurz andauernde höhere Temperatur vermag, so lag
das Bedürfnis vor, das Berhalten keramischer Waren im Brennofen an dem Verhalten
keramischer Meßkörper zu studieren.
Die Segerkegel stellen eine feste Skala dar, nach denen man den Brand bestimmt.
Weil sie dem Brenner genau anzeigen, wann er das Feuer zu dämpfen hat, schützen
sie ihn vor zweierlei Fehlern: der Erzeugung von Schwachbrand und dem Uberbrennen
und Verschlacken der Waren.
Die Segerkegel sind weltberühmt geworden. Sie haben sich nicht nur in der Keramil,
sondern auch in anderen Zweigen der Technik, wo hohe Temperaturen zu bestimmen
sind, schnell eingeführt.
Hier ist anerkennend der Stätte zu gedenken, von welcher die Segerkegel ihren
Ausgang genommen haben, der Versuchsstation bei der Königlichen Porzellan-
manufaktur zu Berlin. Außer durch die bahnbrechenden Arbeiten, die sie auf dem
Gebiete der wissenschaftlichen Keramik geleistet hat, ist die Anstalt bekannt geworden
Segerkegel.
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