Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Zweiter Band. (2)

  
178 Steine und Erden. VI. Buch. 
  
durch die Hilfe, die sie den Inhabern deutscher keramischer Werke leistet, wenn diese 
auf Schwierigkeiten bei der Fabrikation stoßen. Die kleineren und mittleren Fabrikanten 
haben gar nicht die Erfahrungen und Mittel, um auftretende Fehler zu prüfen und 
zu beseitigen. Die Versuchsanstalt steht ihnen mit Rat und Tat bei. Sie bietet ihnen 
auch Unterweisung in einer vortrefflichen Lehrsammlung. Hier können die gebräuch- 
lichen Rohstoffe, ferner keramische Körper ohne Fehler und solche mit den verschieden- 
artigsten Fehlern studiert werden. Endlich werden in der Versuchsanstalt junge Keramiker 
fachwissenschaftlich und praktisch herangebildet. 
Eine merkwürdige, nicht uninteressante Verwendung haben 
keramische Körper erfahren, die mit radioaktiven Stoffen 
versetzt sind. Werden solche Stoffe mit Ton eingebunden, geformt und gebrannt, dann ge- 
winnen sie Halt und Festigkeit. Von dem Radium geht bei diesem Prozesse nichts verloren. 
Bringt man die fertig gebrannten Körper aber in Wasser, dann teilt sich die Emanation 
dem Wasser mit. Dagegen ist die gebrannte Tonmasse im Wasser vollständig unlöslich. 
Ourch solche Körper, die in Stäbchen-, Pastillen- oder Röhrchenform gebracht sind, lassen 
sich Bade- und Trinkwasser radiumheilkräftig machen, was für die Bekämpfung gewisser 
Krankheiten, namentlich der Gicht und des Rheumatismus, großen Wert besitzt. Von be- 
sonderer Bedeutung ist dieser Gegenstand für die Wiederauffrischung von Brunnen, die 
von den Badeverwaltungen versandt werden. Die beim Transport verloren gegangene 
eigene Emanation kann den Brunnen durch die eingebrachten Körper leicht wieder 
verliehen werden. Reuerdings werden auch Becher und Flaschen zur Aufnahme solcher 
Getränke aus radioaktiver Masse erzeugt, ferner Blumentöpfe, da man die Beobachtung 
gemacht hat, daß die Emanation auf Pflanzen, namentlich auf Topfpflanzen, leben- 
steigernd wirkt. An der Außenseite erhalten diese Gefäße nach Bedarf eine schöne Glasur. 
Radioaktive Stoffe. 
  
In der Glasindustrie sind erhebliche Umwälzungen zu verzeichnen, 
hervorgerufen durch die Maschinenarbeiten beim Glasblasen. Mit 
den Arbeitern in den Metallhütten teilen die Glashüttenarbeiter das Ubel, daß sich ihre 
Arbeit unter sanitär sehr ungünstigen Verhältnissen vollzieht. Ihr Stand direkt vor dem 
Glasofen bewirkt, daß sie abwechselnd von einer Seite intensiver Hitze, von der anderen 
stark abkühlender Zugluft ausgesetzt sind. Der Einfluß der Hitze des Ofens ist so groß, daß 
sich die Gesichtshaut der Glasbläser stark rötet und wie verbrannt aussieht, so daß man ihnen 
schon auf der Straße ihren Stand ansieht. Zum Aufblasen der Glaskörper ist ein erheb- 
licher Preßdruck erforderlich. Um ihn hervorzubringen, müssen die Arbeiter ihre Lungen 
stark ausdehnen. In demselben Verhältnis wächst ihre Benachteiligung durch das Ein- 
atmen der heißen, trockenen, staubigen Luft. Man wird den Glasbläsern daher von Herzen 
eine Erleichterung in ihrem Berufe gönnen. Diese Erleichterung haben die Elasblase- 
maschinen gebracht. In ihnen werden die Glaskörper durch ein maschinell betriebenes 
Gebläse aufgebläht. 
Glasblasemaschinen. 
Glasindustrie. 
  
Die Zahl der Glasblasemaschinen ist ziemlich groß. Es 
können daher hier nur einige Typen berücksichtigt werden. 
  
626
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.