182 Steine und Erden. VI. Buch.
eine geringe Spannung in der Masse ein. Man kann daher Quarzglaskörper plötzlich
in eine Knallgasflamme bringen, ohne daß sie springen. Ferner brauchen die Körper
nach der Fertigstellung nicht gekühlt zu werden. Auf eine weißglühende Quarzröhre
kann man ohne Schaden Wasser tropfen lassen oder sie in kaltes Wasser oder sogar in
flüssige Luft, deren Temperatur fast 190 Grad unter ARull beträgt, tauchen. Anstatt
des Quarzes, der bekanntlich im wesentlichen aus Kieselsäure besteht, werden auch
andere an Kieselsäure reiche Stoffe von großer Reinheit auf Quarzglas verarbeitet, ins-
besondere Sande. Man kennt solche Sande von Nlevelstein in der Rheinprovinz, von
Lemgo und von Hohenbocka, deren Kieselsäuregehalt 99,7 Prozent beträgt, so daß sie
für die Technik als genug rein gelten können.
Eine wichtige Anwendung hat das Quarzglas in den Schwefelsäurefabriken
gefunden. Das gewöhnliche Verfahren der Schwefelsäuregewinnung in Bleikammern
liefert eine verdünnte Säure, die für viele technische Werke zu schwach ist und deshalb
durch Eindampfen weiter konzentriert werden muß. Bieher konnte man die letzte Kon-
zentration nur in teuren Matinapparaten vornehmen. Ein einziger derartiger Apparat
stellt schon an sich ein Kapital dar. Außerdem wird selbst das Platin abgenützt. Aus
dem neuerfundenen Quarzglas lassen sich für einen billigen Preis ebenso gute Kon-
zentrationsapparate schaffen. Auch für die Darstellung von Salpetersäure wählt man
jetzt Apparate aus Quarzglas. Die Woulfschen Flaschen und Rohrschlangen, welche
die bei der Gewinnung überdestillierende Salpetersäure aufnehmen und verdichten,
wurden gewöhnlich aus Steinzeug bergestellt. Wegen der sorgsamen Bearbeitung und
der schwierigen Formate stehen diese Geräte im Preise hoch. Da das Steinzeug Tem-
peraturschwankungen schlecht verträgt und leicht Schaden nimmt, ist das allerdings
teurere, aber gegen Temperaturschwankungen unempfindliche Quarzglas ein vorzüg-
licher Ersatz der alten Geräte. ..
Um die Entwickelung der Quarzglasindustrie hat sich die Firma Heräus in Hanau
die größten Verdienste erworben. Ourch die neue Errungenschaft konnten große Mengen
des seltenen und kostbaren Platins anderen nützlichen Zwecken zugeführt werden.
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So sehen wir, daß die deutsche Industrie der Steine und Erden von erheblicher
Bedeutung ist. Sie wird gemeiniglich nicht sehr beachtet. Ihre Arbeit vollzieht sich nicht
unter den herrlichen Flammenerscheinungen des Hüttenwesens oder mit der gewaltigen
Kraftentfaltung der Riesenhammerwerke und Werften. Aber die Straßen, die Paläste,
die Dome reden eine, wenn auch stille, so doch eindringliche Sprache. Das, was hier
geleistet ist, stellt die Frucht einer gesegneten Friedensarbeit dar, auf welche deutsche
Fabrikanten und Arbeiter stolz sein dürfen.
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