VI. Buch. Die Rahrungemittelindustrie. 185
Wein. Auch die verschiedenen Weingesetze enthalten Bestimmungen, die aus-
schließlich gesundheitlichen Erwägungen entsprungen sind. Daneben aber
kamen vornehmlich bei den Weingesetzen sowie bei den beiden hintereinander erlassenen,
den Verkehr mit Butter regelnden Gesetzen auch wirtschaftliche Rücksichten von großer
Bedeutung in Frage.
Die Weinerzeugung und der Weinhandel Deutschlands besitzen eine so große wirt-
schaftliche Bedeutung, daß es angezeigt erschien, alles aufzuwenden, was möglich war,
um den einheimischen, in der ganzen Welt berühmten Weinbau auf seiner Höhe zu er-
halten. Um dieses Ziel zu erreichen, mußte vor allem auch Klarheit darüber geschaffen
werden, in welcher Weise der natürliche, durch Kelterung und Vergärung gewonnene
Wein noch einer weiteren Behandlung unterworfen werden dürfe, ohne daß hierin eine
unzulässige Zubereitung des Weines zu erblicken gewesen wäre. Eine hierhergehörige
besonders wichtige Frage war die Zuckerung der Weine. Es bestand darüber kein Zweifel,
daß natürlicher Wein in manchen Jahren ohne eine vorherige Zuckerung und nachfolgende
Särung seines hohen Säuregehaltes wegen nicht in einer für den Absatz erforderlichen
Beschaffenheit erhalten werden könne. Für solche Fälle wollte man die Zuckerung des
Weines gestatten, gleichzeitig aber auch verhindern, daß diese Erlaubnis mißbraucht wer-
den und zu einer ungemessenen Vermehrung des Weines Veranlassung geben könne.
War man sich auch über dieses zu erreichende Ziel klar, so konnte man doch im Zweifel
sein, welcher Weg zu seiner Erreichung am besten zu beschreiten sei.
In dem Weingesetz vom Jahre 1892 versuchte man dieses durch die Festlegung von
Grenzzahlen für den Gehalt des Weines an Extraktstoffen und mineralischen Bestand-
teilen zu erreichen, gelangte dadurch aber nicht zum Ziel. Beim Erlaß des Weingesetzes
im ZLahre 1901 schränkte man daher die Erlaubnis zum Zuckern des Weines dadurch
ein, daß man bestimmte, diese Zuckerung dürfe nur erfolgen, um den Wein zu verbessern,
ohne seine Menge erheblich zu vermehren. Da aber auch bierdurch eine bisweilen sehr
weitgehende Zuckerung des Weines nicht verhindert werden konnte, so wurde in dem
Weingesetz vom Jahre 1909, einer schon früher gegebenen Anregung entsprechend, die
Zuckerung des Weines noch weiter, insonderheit auch räumlich und zeitlich begrenzt.
Daher wurde bestimmt, daß die Zuckerung des Weines nur erfolgen dürfe, um einem
natürlichen Mangel an Zucker oder Alkohol oder einem Übermaß an Säure insoweit
abzuhelfen, als es der Beschaffenheit des aus Trauben gleicher Art und Herkunft in guten
Jahrgängen ohne Zusatz gewonnenen Erzeugnisses entspricht. Im übrigen sollte der
Zusatz an Zuckerwasser in keinem Falle mehr als ein Fünftel der gesamten Flüssigkeit
betragen, auch sollte die Zuckerung nur innerhalb der am Weinbau beteiligten Gebiete
des deutschen Reiches und in der Zeit vom Beginne der Weinlese bis zum 31. Dezember
des Jahres vorgenommen werden dürfen.
A#Auch im übrigen regelte das Weingesetz vom Jahre 1909 in sehr eingehender Weise
die Herstellung, die Einfuhr und den Vertrieb des Weines.
Das Gesetz betreffend den Verkehr mit Butter usw. vom Jahre
Butter usw. n
— 1897 bezieht sich auf die Herstellung und den Vertrieb von Butter,
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