186 Die Nahrungsmittelindustrie. VI. Buch.
Margarine, Schweineschmalz, Kunstspeisefett, sowie auch von Käse und Margarine-
käse, dabei gleichfalls vorwiegend von wirtschaftlichen Gesichtspunkten ausgehend.
Durch dieses Gesetz sollten die früher häufiger vorgekommenen und auch durch das Mar-
garinegesetz vom Zahre 1887 nicht genügend beseitigten Verfälschungen der Butter
durch Margarine nach Möglichkeit verhindert, gleichzeitig aber auch der Margarine-
industrie die Möglichkeit gegeben werden, sich innerhalb der durch das Gesetz gezogenen
Erenzen frei weiter entwickeln zu können. Deswegen wurde ein Zusatz von Sesamöl
zur Margarine vorgeschrieben und wurde ferner außer einer Uberwachung der Morga-
rinefabriken auch bestimmt, daß die Umhüllungen, in welchen Margarine im Verkehr
abgegeben werde, deutlich zu kennzeichnen seien. Obwohl namentlich im Anfang mancher-
lei Schwierigkeiten zu überwinden waren, hat dieses Gesetz im allgemeinen doch seinen
Zweck erfüllt und klare Verhältnisse in bezug auf den Wettbewerb zwischen Butter und
Margarine geschaffen.
Ze weiter die Nahrungemittelgesetzgebung sich im
einzelnen entwickelte, um so mehr vernotwendigte
sich auch eine zweckentsprechende Einrichtung der Nahrungsmittelkontrolle.
Zwar war man sich auch schon beim Erlaß des Nahrungsmittelgesetzes im Jahre 1879
darüber im klaren gewesen, daß das Gesetz nur dann seine Aufgabe ganz würde erfüllen
können, wenn man auch für eine geeignete Uberwachung des Nahrungemittelverkehrs
durch Sachverständige Sorge trüge. Auch früher schon waren allerdings gelegentlich
Untersuchungen von Nahrungemitteln ausgeführt. Aber von einer geregelten Nahrungs-
mittelkontrolle war überhaupt noch keine Rede. Zn Bapern ging man nach dem Erlaß
des Nahrungsmittelgesetzes zuerst an die Einrichtung einer solchen staatlichen Uberwachung
des Nahrungemittelverkehrs, die sich als mustergültig bewährt hat und gleichzeitig ganz
wesentlich zur Ausbildung des Standes der Nahrungemittelchemiker beigetragen hat.
Denn ein Hauptgrund dafür, daß sich die Einrichtung von Nahrungsmitteluntersuchungs-
anstalten in den übrigen deutschen Bundesstaaten noch längere Zeit hinzögerte, war das
Fehlen der für die Auslbung einer solchen Uberwachung erforderlichen Sachver-
ständigen.
Deswegen beschloß der Bundesrat im Jahre 1894 Grundzüge einer Prüfungs-
vorschrift für Nahrungsmittelchemiker, auf Grund deren in den folgenden Zahren
in den einzelnen Bundesstaaten Bestimmungen über den Ausbildungsgang und die Prü-
fung der Nahrungemittelchemiker getroffen wurden. NMan ging dabei von der Voraus-
setzung aus, daß von den in der Nahrungemittelüberwachung später tätigen Chemikern
in erster Linie eine gründliche allgemeine chemische und naturwissenschaftliche Ausbildung,
sodann aber eine eingehende fachliche Ausbildung in der Nahrungsmittelchemie und den
ihr verwandten Fächern unter Berücksichtigung auch der Nahrungemittelgesetzgebung
zu fordern sein werde. Die so ausgebildeten Chemiker sollten nach abgelegter Prüfung
bei der Besetzung der Stellen an den Untersuchungsanstalten für Nahrungs- und Genuß-
mittel vorzugsweise berücksichtigt werden.
Durch diese Maßnahmen wurde ein völlig neuer Standchemischer Sachverstän-
Nahrungemittelkontrolle.
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