Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Zweiter Band. (2)

  
VI. Buch. Die Gesamtentwicklung der deutschen Induftrie. 215 
In der Einfuhr machen also die Rohstoffe mehr als die Hälfte des Wertes, die Nah- 
rungsmittel (einschl. Bieh) fast ein Drittel aus; in der Ausfuhr umpfassen die Fertigwaren 
drei Fünftel, die industriellen Rohstoffe und Halbprodukte ein Viertel der Gesamt- 
summen. 
Stellen wir den Zahlen dieser Tabelle die aus dem Anfang der 90er Jahre gegen- 
über, also aus einer Zeit, wo sich der mit dem Regierungsantritt Wilhelms ll. einsetzende 
Aufschwung zu entfalten beganny: 
Einfuhr Aus fuhr 
Wert in Millionen Wert in Millionen 
Mark: Mark: 
I. Rohstoffe für Industriezwecke: 
18900. 1832,4 763,6 
1891. .. 11776,5 742,3 
1892. 1592,9 692,6 
II. Fabrikate: 
18900. .. 1064,5 2259,3 
1891. 9877 2157,5 
1892. 925,1 2034,4 
III. Aahrungs- und Genußmittel, Bieh: 
18900. 15604.6 652,8 
1891. 1806,6 639,8 
18992. 1641,5 554,.0 
Es hat sich also die Einfuhr von Rohstoffen seitdem verdreifacht, ihre Ausfuhr reich- 
lich verdreifacht. Die Einfuhr von Fabrikaten hat sich nicht einmal verdoppelt, ihre Aus- 
fuhr bingegen fast verdreifacht. Vergleicht man den Anteil der drei Hauptwarengattungen 
am Gesamteigenhandel jener drei Jahre mit den Ergebnissen der letzten drei Jahre, 
so fällt auf, daß damals die Rohstoffe in der Einfuhr erst annähernd den dritten Teil aus- 
machten. 
In der inzwischen eingetretenen großen Zunahme des Materialbedarfs der deutschen 
Industrie spiegelt sich am deutlichsten ihre Entwicklung.)) Solche Rohstoffe sind Baum- 
wolle, Schafwolle, Rohkupfer, Häute, Eisenerze, Kautschuk, Rohseide, unbearbeitete 
Tabakblätter, Zute, Flachs, Zinn, Erdöl usw. Unter den Nahrungemitteln, die eingeführt 
werden, stehen Gerste und Weizen obenan; aber auch die Genußmittel (Kaffee, Kakao, 
Tee, Tabak, Südfrüchte usw.) sind hohe Einfuhrwerte. Immer mehr entickelt sich die 
weltwirtschaftliche Situation Deutschlands in der Richtung, daß der Import an Noh- 
stoffen und Nahrungsmitteln mit Industrieprodukten bezahlt wird. Seit einigen Jahren 
stehen unter den Warengattungen des deutschen Exports Maschinen an erster Stelle 
9 Entnommen dem Statiftischen Fahrbuch für das Heutsche Reich, 1000; S. S2. (Freilich sind inzwischen 
einige Veränderungen im Berechnungsmodus eingetreten.) 
) Neuerdings ist die — u. E. übertriebene — Besorgnis geäußert worden, daß die Rohstoffeinfuhr 
bereits zu große Dimensionen annehme. 
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