Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Zweiter Band. (2)

  
VI. Buch. Der auswärtige Handel. 253 
  
verständigen von ihrer eigenen überdurchschnittlichen Wirtschaft auf den minder guten 
Gesamtdurchschnitt schließen. MBielleicht spielt auch das pspchologische Moment, die 
Ernte mit Vorliebe hoch einzuschätzen, eine Rolle. So viel steht jedenfalls fest, daß die 
Ernte geringer ist, als es nach der deutschen Erntestatistik den Anschein hat. Demgemäß 
vergrößert sich auch der Anteil der Mehreinfuhr, was zu beachten ist. Immerhin gibt 
die obige Statistik gewisse Annäherungswerte, die, unter ausdrücklichem Vorbehalt, den 
nachfolgenden Erörterungen zugrunde gelegt werden sollen. Betrachten wir zunächst 
das Brotgetreide: Weizen und Roggen. Beider Produktion hat seit dem Jahre 1890 
beträchtlich gesteigert werden können. Die Roggenproduktion hat sich sogar mehr als 
verdoppelt. Beim Weizen hat aber trotzdem eine erhebliche Einfuhrsteigerung statt- 
gefunden; nahezu ½ unseres Bedarfs stammt aus dem Ausland. Oie Einfuhr von 
15 % beim Roggen hingegen hat sich in eine Ausfuhr von 4,5 % des Gesamtbedarfs um- 
gewandelt. Bei der Würdigung dieser Zahlen muß aber noch der Ausfuhrüberschuß 
an Mehl in Betracht gezogen werden. Für die letzten 25 Jahre ergibt sich dann ins- 
gesamt die folgende Entwicklung: 
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
Mehreinfuhr. bezw. Ausfuhr (—) Mehreinfuhr bezw. Ausfuhr (—) 
Mill. Tonnen Mill. Tonnen 
Jahr Brotgetreide Jahr Bretgerreide 
Weizen Roggen Mehl senhü Weizen Roggen Mehl zu 
1888 — 0,65 — o,14 0,85 1900 0,99 0,82 . 1,70 
1889 0,52 1,06 — 0,13 0,14 1901 2,04 0,77 —– 0,07 2,81 
1890 0,67 0,88 — o, 10 1,45 1902 1,99 0,87 —– 0,09 2,77 
1891 0,91 0,84 — 0,09 1,66 1903 1,75 0,61 — o,12 2,24 
1892 1,30 0,55 — o,os 1,77 1904 1,86 0,12 — 0,16 1,81 
1893 0,70 ·,22 — 012 0,81 1905 2,12 0,25 — o, 18 2,19 
1894 1,07 0,60 – 0,18 1,50 1906 1,81 0,41 — 0,11 2,10 
1895 1,27 0,93 — 0,15 2,05 1907 2,36 0,58 — 0,12 2,61 
1896 1,58 0,99 — 0,12 2,45 1908 1,88 —0,23 — 0,20 1,38 
1897 1,01 0,75 — 0,15 1,61 1909 2,2250, 38 — 0,26 1,59 
1898 1,34 0,78 — 0,04 2,09 1910 207 —0,44 — 0,34 1,53 
1899 1,17 ·.44 – 04 1,48 1911 218 0,15 — 0,40 1,62 
1912 1,09 —0,47 — 0,57 1,14 
  
  
Danach ergibt sich die überraschende Tatsache, daß trotz der enormen Bedarfsstei- 
gerung die Mehreinfuhr von Brotgetreide in den letzten Jahren abgenommen hat. Es 
unterliegt keinem Zweifel, daß dies mit der Preisentwicklung im Zusammen- 
hang steht. Diese hat in der gleichen Zeit in Berlin den folgenden Gang genommen 
(per Tonne in Mark): 
Jahr Weizen Roggen 
19000000 179,6 160,6 
19007TTT 8 206,5 193,2 
1908 211,2 186,5 
1000oooo„; 233,9 176,5 
19110 211,5 132,3 
19114 „ 204,0 168,3 
1912 217,0 185,8 
701
	        
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