Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Zweiter Band. (2)

  
276 Binnenhandel. VI. Buch. 
  
deren Berufen. Die große Menge der Mädchen, die sich einem Berufe widmen wollen 
oder müssen, fand bis vor nicht langer Zeit die Pforten zu zahlreichen Gewerben ver- 
schlossen; unter den wenigen Berufen, die sich ihnen öffneten, stand in erster Linie der 
kaufmännische. Ihm wandte sich deshalb Jahr für Jahr ein starker Strom weiblicher 
Arbeitskräfte zu, gleichgültig, ob der Bedarf den Zugang rechtfertigte, gleichgültig, ob 
die Arbeitswilligen sich die nötige Vorbildung erworben hatten. In dieser Beziehung 
hat die Neuzeit anerkennenswerte Fortschritte aufzuweisen, deren Einwirkung auch das 
Handelsgewerbe spüren wird. Immer mehr Berufe werden den Frauen erschlossen, 
so daß die Verteilung auf das Gebiet der Erwerbstätigkeit nicht in dem Maße wie zuvor 
mit künstlicher Stromleitung zu rechnen hat. Freilich stehen wir erst in den Anfängen 
der Entwicklung. Aluch der Gedanke, daß männliche und weibliche Handlungsgehilfen in be- 
zug auf Vorbildung, Lehrzeit usw. nicht verschieden zu behandeln seien, bricht sich Bahn. 
Alles, was in Vorstehendem ausgeführt ist, trifft in beson- 
« derem Maße auf diejenige Unterart des Handelsgewerbes 
zu, die den weitaus größten Bestandteil des Ganzen bildet, auf den Warenhandel. 
Er ist der eigentliche Handel. Erheblich mehr als drei Viertel der Personen, die im ge- 
samten Handelsgewerbe beschäftigt werden, entfallen auf diesen Hauptzweig, und in ihn 
vornehmlich hat sich die große Menge von Arbeitskräften ergossen, die während der letzten 
Jahrzehnte neu in das Handelsgewerbe eingetreten sind. Es haben sich zwar auch die 
anderen Unterarten des Handelsgewerbes an diesem Vermehrungsprozeß beteiligt, 
prozentual sogar in höherem Grade als der Warenhandel, indes bleiben sie in den abso- 
luten Ziffern weit zurück. Die nachstehende Aufstellung, die der amtlichen Berufsstatistik 
des Reiches entnommen ist, gibt ein Bild der Bedeutung der Handelszweige nach der 
Kopfzahl der in ihnen tätigen Personen. 
Der Warenhandel. 
  
Zahl der im Der Zuwachs 
Unterarten des Handelsgewerbes Fahre 1907 betrug gegen das 
tätigen Personen Zahr 1895 
Warenhandelii. 1 491 780 456 557 
Geld- und Kredithande. 66 338 32 649 
Handelsvermittlingagagag 55 885 14 604 
Hilfsgewerbe des Handles 4 746 15 728 
Buch-, Kunst- und Musikalienhande. 37 910 16 216 
Seitungsverlag und speditioo 17 300 9 634 
Versteigerung, Verleihung, Aufbewahrung 22 951 10 236 
Die erwähnte Tatsache, daß der Warenhandel in besonderem Maße die Kennzeichen 
des Handelsgewerbes überhaupt aufweist, wird auch dadurch bestätigt, daß das weibliche 
Element hier den breitesten Raum einnimmt. Es macht mehr als ein Orittel des Personal- 
bestandes aus, während in den übrigen Handelszweigen seine Beteiligung bisher nur 
einen verhältnismäßig geringfügigen Umfang erreicht hat. 
Kann man den Warenhandel als den eigentlichen Handel 
Der Detailhandel. Zr Z » 
bezeichnen, so erklärt sich die Tatsache, daß die Wand- 
  
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