VI. Buch. Die deutsche Landwirtschaft. 27
haben sie doch zweifellos nicht nur zu einer wesentlichen Gesundung der gesamten
Landwirtschaft, sondern auch zu einer bedeutenden Steigerung ihrer Kaufkraft
geführt, welche wiederum den anderen Erwerbständen — der Industrie und namentlich
dem Kleingewerbe — zugute kommt, wie dies in allen neueren Handelskammerberichten
nachdrücklich betont wird 7).
Landwirtschaftliche Doch nun zu der — vom allgemeinen nationalen Gesichts-
punkte aus noch wichtigeren — Frage der Entwickelung
unserer landwirtschaftlichen Gesamtproduktion.
Eine unserer ersten Großbanken — die Dresdener Bank — hat kürzlich an die Mit-
glieber des Reichstages eine bemerkenswerte Broschüre über „Die wirtschaftlichen Kräfte
Deutschlands" verteilt. In dieser — der agrarischen Voreingenommenheit gewiß un-
verdächtigen — Schrift findet sich u. a. folgender Satz:
„Die Ernteerträge zeigen, daß ODeutschland trotz seiner großen industriellen Ent-
wicklung noch immer zu den Hauptagrarländern gehört, dank der außerordentlich
gesteigerten Intensität in der landwirtschaftlichen Betriebsweise. Zn letzterer Be-
ziehung steht Deutschland an der Spitze aller Agrarländer, ein Resultat, welches
um so bemerkenswerter ist, als die Qualität des Grund und Bodens in Deutschland
binter anderen Agrarländern vielfach zurücksteht. Die günstigen Ernteerträge Deutsch-
lands sind zurückzuführen auf die Verbreitung wissenschaftlicher Betriebsmethoden,
auf die ständige Ausbreitung des landwirtschaftlichen Unterrichts, sowie auf die ge-
steigerte Anwendung von künstlichen Düngemitteln. Verbraucht doch Deutschland allein
an Kali ebensoviel wie alle anderen Länder der Welt zusammen. Eine Schätzung des
Wertes der ländlichen Produktion ergibt allein für die drei Produkte Brotgetreide,
Bieh und Milch eine Summe von nahezu 10 Milliarden Mark jährlich.“
Dieser Gesamtwert der jährlichen landwirtschaftlichen Produktion wird dann noch
an einer anderen Stelle spezifiziert und ergibt für 1912 folgende Werte: Brotgetreide
2800 Millionen, Vieh 4000 Millionen, Milch 2750 Millionen — zusammen für 1912
9550 Millionen — also nicht ganz 10 Milliarden.
Das sind gewiß bemerkenswerte Zahlen, die auch mit den von namhaften anderen
Statistikern aufgestellten Berechnungen annähernd übereinstimmen.
Immerhin sind mit diesen 10 Milliarden die Geldwerte der landwirtschaftlichen Pro-
dukte noch keineswegs in ihrer Gesamtheit erfaßt. Es würde noch hinzuzurechnen
Gesamtproduktion.
1) Welche Bebeutung für Industrie und Handwerk hat nicht allein der gesteigerte Bezug landwirtschaft-
licher Maschinen! Nach den landwirtschaftlichen Betriebszählungen betrug die Zahl der landwirtschaftliche
Maschinen benutgenden Betriebe:
Zunahme Zunahme
1882 1895 1907 1882/1907 1895/1907
Dampfpflüeeaeaaaes 836 16906 2995 258% 779%
Säemaschnen 63 842 169 465 290 039 354% 719
Mähmaschinen 19 634 385 084 301 325 1435% 759%
Oampfdreschmaschnen 75 600 259 364 488 867 546% 880%½
Andere Hreschmaschiin 298 3567 3596 869 947005 217% 759
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