VI. Buch. Bankwesen. 309
großen Kapitalmächte nie ohne intime Fühlung mit ihren auswärtigen Amtern vor; es
wäre zu wünschen, daß auch in Deutschland die große Politik sich der Bankwelt für ihre
Minen und Gegenminen immer mehr bedient. Auch auf dem Gebiete der Kolonial-
politik haben unsere Banken verdienstvoll gewirkt, und namentlich die großen Gesell-
schaften in Südwestafrika, aber auch in Deutsch-Ostafrika zeigen eine rege Betätigung
deutschen Großkapitals. Und das ist um so mehr anzuerkennen, als unsere Bankwelt nicht
gerade begeistert in die Kolonialpolitik hineingegangen ist, da sie das ganz unbekannte und
unerschlossene Terrain fürchtete. Auch hier wird es die Aufgabe der Kolonialverwaltung
sein, das deutsche Großkapital immer mehr für eine Betätigung in den deutschen Ko-
lonien, die ja doch Heimatland sind, zu interessieren und ihm bei seinen Unternehmungen
ratend und fördernd zur Seite zu stehen. Das kann geschehen unbeschadet der berechtigten
Interessen der Farmer und Siedler, denn es gibt eine große Keihe von Aufgaben auch
in den deutschen Kolonien, die nur vom Großkapital zu lösen sind.
Das Bild, das wir versucht haben für das deutsche Bank-
wesen der letzten 25 Jahre zu zeichnen, ist naturgemäß nur
stizzenhaft; es ist ein zu ausgedehntes Gebiet und konnte in dem knappen Rahmen
dieser Arbeit nur in großen Zügen geschildert werden. Aber das eine wird sich auch
aus dieser kurzen Darstellung ergeben: es ist ein ungeheures Quantum produktiver
wirtschaftlicher Arbeit, das tagaus, tagein von den deutschen Banken geleistet
wird. — Genügt nun — mit dieser Betrachtung möchten wir schließen — die Orga-
nisation unserer Bankinstitute ihrer Riesenaufgabe, und sind die an der Spitze
stehenden Männer der ungeheuren VBerantwortung, die sie zu tragen haben, ge-
wachsen? Die Organisation unserer Banken ist, ebenso wie sie selber, in natürlicher,
schrittweiser Entwicklung entstanden. Bei den größten Instituten, den Berliner Groß-
banken, ist sie vorbildlich und musterhaft; der Apparat funktioniert außerordentlich
schnell und glatt, und im Laufe eines Tages wickeln sich in den Banken eine Unsumme
manchmal recht schwieriger und komplizierter Transaktionen ab. Zedes Rad an diesen
ungeheuren Maschinen funktioniert prompt; es hat sich allmählich und im Laufe der
Jahrzehnte eine zum Teil bewundernswerte Technik herausgebildet, die aber freilich
für staatliche Institute, die nach ganz anderen Grundsätzen und unter ganz anderen
Gesichtspunkten arbeiten, keineswegs ohne weiteres nachzuahmen ist. Für die Staats-
verwaltung die Formen des kaufmännischen Großbetriebs zu verlangen, ist ein Unding;
beide können freilich manches voneinander lernen und haben wohl auch gelernt. Daß
trotz scharfen Kontrollen und eifriger, aufreibender #Arbeit Fehler, Veruntreuungen
bei den Banken vorkommen, ist nicht zu verwundern; menschliches wird aus menschlichen
Institutionen nie auszumerzen sein. Bedenkt man aber, welche Milliarden im Jahre
in den deutschen Bankpalästen umgesetzt werden, und welche ungeheuren Summen
dabei in die Hände von manchmal ganz untergeordneten Organen gelegt werden müssen,
so wird man seine ehrliche Anerkennung nicht versagen dürfen. Im geschäftlichen Leben,
wo man mit der Konkurrenz und der Kundschaft rechnen muß, können unmöglich die
Kautelen und Kontrollen geschaffen werden, die im amtlichen Leben möglich sind. Die
Schlußbetrachtung.
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