Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Zweiter Band. (2)

  
338 Handwerk. VI. Buch. 
An Innungsverbänden zählte man 1896 einschließlich der acht #eineren preußischen 
Verbände 19 große Zentralverbände. 
Nach der Erhebung von 1905 dagegen bestanden im Deutschen Reiche Ende 
1904 11 311 Innungen mit zusammen 488 700 Mitgliedern; es entfallen damit auf 
je 100 000 Einwohner 88,2 Innungemitglieder. Darunter waren 3164 Zwangeinnungen 
mit 218 468 Mitgliedern und 8147 freie Innungen mit 270 232 Witgliedern. Während 
also die Zwangsinnungen nur 28% aller Znnungen ausmachen, sind 44,7% aller In- 
nungen angehörenden Meister Zwangsinnungen angeschlossen. Von allen Innungen 
waren 56,2% Fachinnungen, 31,9% Innungen verwandter Gewerbe und 11,9% ge- 
mischte Innungen. In den Großstädten überwiegen die Fachinnungen, da dort in 74% 
aller Innungen nur ein Gewerbe vertreten ist, in den kleineren Plätzen und auf dem 
Lande die anderen Innungsformen. Von den am 25. Oktober 1904 bestehenden Zwangs- 
innungen hat sich der größte Teil — 1921, d. b. 60,7% — im Jahre 1899 gebildet, also nicht 
lange nach dem Erlaß des Gesetzes, und man kann sagen in unmittelbarem Anschluß 
daran; von 1899 an nimmt die Zabl der jährlich neu errichteten Zwangsinnungen ver- 
bältnismäßig ab. In den Anfangsjahren bestand die Errichtung von Zwangsinnungen 
größtenteils in der Umwandlung von bestehenden freien Znnungen, seit 1901 aber über- 
wiegen die überhaupt neugegründeten Innungen. Norddeutschland zählte 2980 Zwangs- 
innungen mit 201 312 Mitgliedern, Süddeutschland, wo die Gewerbevereine stark ver- 
treten sind, nur 184 mit 17 156 Mitgliedern. Zm Zahre 1904 haben bei den 11 311 
Innungen im ganzen 42 321 Vorstandssitzungen stattgefunden, nur 323 hauptsächlich 
kleinere Innungen mit wenigen Mitgliedern hielten keine Znnungsversammlung ab. 
Von der Befugnis, Innungeschiedsgerichte einzurichten, haben nur 452 Innungen 
Gebrauch gemacht. Bei den 488 700 Innungemitgliedern waren insgesamt 691 569 
Gesellen (Gehilfen) und 264 361 Lehrlinge tätig; das Verhältnis der Zahl der Lernenden 
zu der der Lehrenden hält sich durchschnittlich in maßvollen Grenzen. Bei 8077 Innungen 
besteht ein Gesellenausschuß mit insgesamt 27 436 Mitgliedern. 7319 Innungen haben 
einen besonderen Ausschuß für die Regelung des Lehrlingswesens; die Handwerks- 
kammern haben meist Vorschriften erlassen zur näheren Regelung des Lehrlingswesens 
und über die zulässige Zahl von Lehrlingen. 7742 Innungen haben im Zahre 1904 
Gesellenprüfungen abgehalten; schätzungsweise haben bei allen Innungen mit Prül- 
fungsrecht 95% der ihre Lehrzeit beendigenden Lehrlinge sich einer Prüfung unterzogen. 
791 Innungen haben Schulen errichtet, davon entfallen 369 auf die Zeit nach Erlaß des 
Handwerkergesetzes; die Zahl der Innungsschüler betrug 32 504. 2374 Innungen haben 
eigene Arbeitsnachweise, insgesamt 2410, eingerichtet, davon 1360 nach Erlaß unseres 
Gesetzes, 3869 Znnungen hatten einen besonderen Ausschuß für das Herbergswesen 
eingesetzt, aber nur 112 eine eigene Herberge errichtet, darunter 41 nach Erlaß des Ge- 
setzes. 660 Innungen besaßen eine Innungskrankenkasse, von denen 228 nach Erlaß 
des Gesetzes errichtet waren; die Zahl der Kassenmitglieder war durchschnittlich 226 051; 
es bestanden 1474 Unterstützungskassen, von denen nach Erlaß des Gesetzes 385 errichtet 
waren. Von den freien Innungen wurden 6197 Beauftragte gestellt, von den Zwangs- 
innungen 4152. Von den freien Innungen beteiligten sich 219 innerhalb der letzten 
786
	        
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